Der Tag: US-Militär in Karibik - Plant Donald Trump Krieg gegen Venezuela?
Sachliche Doppel-Analyse: Die geostrategischen Gründe hinter der US-Militäroperation in der Karibik und die wissenschaftlichen Faktoren, die Hurrikan Melissa so zerstörerisch machten.
Der Tag
22 min read2086 min audioDer Deutschlandfunk behandelt in dieser Folge zwei Themen: die US-Militäroperationen vor der venezolanischen Küste und die verheerenden Auswirkungen von Hurrikan Melissa. Im ersten Teil spricht Moderatorin Sandra Schulz mit Fabian Salfner vom Deutschen Institut für Globale und Regionalstudien über die Hintergründe der US-Operation. Salfner erklärt, dass die USA seit April 2020 verstärkt Kriegsschiffe und Flugzeuge in der Karibik einsetzen, offiziell zur Bekämpfung des Drogenschmuggels. Tatsächlich aber stehe der Einsatz im Kontext eines umfassenderen Versuchs, die Maduro-Regierung zu destabilisieren – etwa durch Anklagen gegen Maduro und ein Kopfgeld von 15 Millionen US-Dollar. Die Operation habe bereits zu Todesfällen geführt, verschärfe die humanitäre Lage und verhindere iranische Treibstofflieferungen. Im zweiten Teil interviewt Schulz Dr. Christian Franzke vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel über Hurrikan Melissa. Franzke erläutert, dass sich der Sturm 2019 ungewöhnlich schnell intensivierte – ein Trend, der durch steigende Meeresoberflächentemperaturen durch den Klimawandel begünstigt wird. Die Vorhersage der Stärke von Wirbelstürmen bleibe schwierig, während ihre Zugbahnen sich besser berechnen ließen. Der Klimawandel führe insgesamt zu stärkeren, aber nicht unbedingt häufigeren Hurrikanen.
### Die US-Militäroperation sei Teil eines Regimewechsel-Plans gegen Maduro
Salfner deutet an, die USA nutzten die Drogenbekämpfung als Vorwand, um Maduro zu stürzen: „Die Drogenbekämpfung ist nicht die einzige Maßnahme … sondern es ist in ein ganzes Maßnahmenbündel eingebettet.“
### Menschen seien bei US-Angriffen bereits gestorben
Bei der Seekontrolle seien venezolanische Schiffe abgefangen worden; „mehrere Menschen in dieser Zeit ums Leben gekommen“, sagt Salfner. Die Toten seien Venezolaner.
### Die humanitäre Lage in Venezuela verschlechtere sich durch die Operation
"Die Militäroperation hat zur Folge, dass sich die humanitäre Lage in Venezuela noch weiter verschlechtert“, konstatiert Salfner, da die Sanktions- und Militärpolitik die ohnehin schwere Wirtschaftskrise noch verschärfe.
### Eine diplomatische Lösung sei nur ohne Regimewechsel-Forderung möglich
Salfner empfiehlt, auf einen erzwungenen Regimewechsel zu verzichten und stattdessen durch neutrale Vermittler „eine politische Lösung zu finden, die auch die venezolanische Regierung mit einbezieht“.
### Hurrikane könnten sich durch warmere Meere schneller intensivieren
Franzke erklärt, Melissa habe sich wegen „sehr warmen“ Ozeanwassers rasch verstärkt. Dies passe zum Trend, „dass die Oberflächentemperaturen der Ozeane ansteigen … die Wirbelstürme sich sehr schnell entwickeln“.
### Die Intensitätsvorhersage bleibe schwierig
Während der Verlauf eines Hurrikans gut prognostizierbar sei, hängen Stärkesprünge von vielen kleinräumigen Faktoren ab: „Die Intensität ist eine Eigenschaft, die sehr stark von den Prozessen im Inneren des Hurrikans abhängt. Und diese Prozesse sind sehr schwer zu modellieren“.
## Einordnung
Die Sendung präsentiert sich in klassischem öffentlich-rechtlichen Interview-Stil: Moderatorin Schulz stellt durchgehend sachliche, teils kritische Nachfragen und überlässt den Expert:innen breiten Raum für differenzierte Antworten. Beide Gespräche basieren auf wissenschaftlichen Quellen und enthalten keine Spekulation oder unbelegte Thesen. Die erste Debatte zeichnet sich durch klare Begründungen und ein Mehr an Kontext (historische US-Interventionen, regionale Machtverhältnisse) aus, ohne parteilich zu wirken. Im Klimagespräch gelingt es, ein komplexes Thema ohne Alarmismus oder Verkürzung auf den Punkt zu bringen. Der einzige kleine Schwachpunkt: Die Frage nach dem Alternativlosen der US-Politik bleibt implizit offen; eine stärkere Einbindung lateinamerikanischer Stimmen könnte dem Diskurs zusätzliche Tiefe verleihen. Insgesamt bietet die Folge eine fundierte, gut verständliche Orientierung über zwei aktuelle Krisenherde.