John Harris und Kiran Stacey vom Guardian diskutieren die bevorstehende Nachwahl im walisischen Caerphilly, wo Labour einem Debakel entgegengeht: Laut Umfragen würde die Partei auf 12 % abstürzen, während Reform UK mit 42 % und Plaid Cymru mit 38 % liefern. Harris‘ Recherchen vor Ort zeigen eine zunehmend toxische Debatte, die stark an die Stimmung während des Brexit-Referendums erinnert: Immigration und Asyl stehen im Mittelpunkt, soziale Medien verstärken die Polarisierung, ein kurdischer Ladenbesitzer berichtet von neuem Rassismus. Die Bundesregierung beobachtet nervös, ob Reform-Wähler tatsächlich zur Urne strömen und ob Nichtwähler:innen mobilisiert werden. Im zweiten Teil geht es um die „Grooming-Gangs-Untersuchung“: Vier Betroffene haben das Opferbeirat verlassen, weil sie befürchten, die Untersuchung werde politisch verwässert; Ministerin Jess Phillips widerspricht und betont, man werde sich auf Täter:innen mit pakistanischem Hintergrund und Fehler Labour-geführter Councils konzentrieren. Die Debatte wird zunehmend zur parteipolitischen Auseinandersetzung, wobei die Konservative Kemi Badenoch „Remigration“-Konzepte ins Spiel bringt. ### Tether werde für illegale Aktivitäten genutzt John Harris berichtet aus Caerphilly, dass Reform UK die walisische „Nation of Sanctuary“-Integrationsinitiative (£55 Mio. seit 2019) als „Asyl-Programm“ brandmarkt, obwohl 85 % der Mittel ukrainischen Geflüchteten zugutekamen. Die Strategie ziehe: „It’s certainly become divisive … there doesn’t seem to be any sort of middle ground anymore.“ ### Labour-Stammwähler:innen seien frustriert Richard Gerner vom lokalen „Caerphilly Observer“ führt das Debakel für Labour auf Praxis-Schließungen, steigende Council Tax bei gleichzeitigem Service-Abbau zurück: „People keep seeing council tax going up, but services go down.“ Die Enttäuschung über Labour-Regierungen in Cardiff und Westminster berge ein Potenzial für „something needs to change“. ### Die Partei verliere sowohl links als auch rechts Wähler:innen Kiran Stacey erkennt ein „congregating effect“: Viele würden in letzter Minute strategisch Plaid Cymru wählen, um Reform UK zu stoppen. Labour sinke dabei nicht nur durch Reform-Rechts, sondern gleichzeitig durch Plaid-Linksverluste, was die traditionelle Herzland-Logik infrage stelle. ### Die soziale Plattform Facebook verstärke Polarisierung Harris beobachtet, dass die lokale politische Debatte fast vollständig auf Facebook stattfinde. Dort entlade sich ein „high-pitched, shrill, sometimes toxic“ Diskurs, der an die letzten Wochen des Brexit-Referendums erinnere und zu Angst vor neuem Rassismus führe. ### Die Bundesregierung fürchte hohe Nichtwähler:innen-Beteiligung Downing Street beobachte laut Stacey besonders die Wahlbeteiligung bisheriger Nichtwähler:innen. Labour-Aktivist:innen würden gezielt Türen an Menschen klopfen, die zuvor „Ich wähle nie“ sagten, aus Sorge, dass gerade diese Gruppe nun für Reform (oder Grüne) mobilisiert werde. ### Die Untersuchung zur Grooming-Gangs-Frage drohe zu scheitern Vier Betroffene verließen das Opferbeirat, weil sie befürchten, die Regierung wolle den Fokus von pakistanischstämmigen Täter:innen und Labour-Ratsfehlern wegbewegen. Ein Frageboden habe Aufnahmekriterien wie „should it be just about grooming gangs, or should it be more broadly about child sexual abuse“ gestellt; Ministerin Jess Phillips widerspricht öffentlich und kündigt an, die Untersuchung bleibe „laser-focused on grooming gangs“. ## Einordnung Der Guardian-Podcast liefert journalistisch solide, aber emotional aufgeladene Analyse. Die Gesprächsführung bleibt auf Faktenebene, benennt aber die Brisanz: Reform UK nutzt gezielt falsche Zahlen zur Stimmungsmache, die Regierung steht vor dem Dilemma, sensibles Thema Grooming-Gangs-Untersuchung nicht politisch vereinnahmen zu lassen. Auffällig ist die fast vollständige Perspektive von Westminster-Journalist:innen; lokale Akteur:innen wie Plaid- oder Reform-Kandidat:innen kommen kaum zu Wort. Die Diskussion zur „Remigration“ wird zwar kontextualisiert, bleibt aber deskriptiv, ohne die rechte Ideologie hinter dem Begriff systematisch zu entlarven. Die These, Labour sinke links und rechts gleichzeitig, wird als Fakt präsentiert, ohne alternative Erklärungen (z. B. Midterm-Protest). Insgesamt liefert die Sendung wertvolle Einblicke in die Stimmungslage, bleibt aber in der Einordnung der rechten Dynamiken hinter Reform UK zurückhaltend.