Eule-Podcast: #48: Charlie Kirk als KI-Jesus
Der Eule-Podcast analysiert die KI-generierte Heiligsprechung von Charlie Kirk und die rechte Nutzung von Trauer nach dessen Attentat.
Eule-Podcast
46 min read2118 min audioMichael Kreder und Philipp Greifenstein, beide Redakteure des katholischen Magazins „Die Eule“, diskutieren die Nutzung von KI-generierten Inhalten nach dem Attentat auf Charlie Kirk. Sie analysieren, wie KI-Bilder und -Audiodateien eine Art „christlich kodierte Raserei“ in US-amerikanischen Kirchen und rechtsradikalen Kreisen schaffen, in der Kirk als Märtyrer oder gar messianische Figur inszeniert wird. Dabei kritisieren sie die pietätslose Praxis, einer verstorbenen Person mittels KI Worte im Stil religiöser Reden in den Mund zu legen, was sie als Verletzung christlicher Theologie und als Förderung faschistischer Bildprogramme werten. Die Diskussion zeigt, wie KI hier nicht nur reaktiv, sondern aktiv zur Schaffung neuer, oft rechter Narrative genutzt wird.
### KI-Botschaften aus dem Jenseits – Pfarrer spielt KI-generiertes Kirk-Audio im Gottesdienst
Pastor Jack Graham eröffnet seinen Gottesdienst mit einem KI-simulierten Audio, das so tut, als spräche Charlie Kirk aus dem Jenseits: „Death is not the end, it’s a promotion.“ Die Reaktion der Gemeinde sei verhalten, da viele das technisch generierte Konstrukt erkennen. Dennoch wird das KI-Postulat im Raum einer US-Megachurch als spirituelle Botschaft präsentiert.
### Heiligenbilder per Prompt – KI generiert tausende religiöse Kirk-Memes
Algorithmen produzieren seit dem Attentat massenhaft Bilder, die Kirk neben Abraham Lincoln, Martin Luther King oder neu ernannten katholischen Heiligen zeigen. Die Macher:innen bedienen sich dabei laut Moderation aus „evangelikalen Erbauungszeitschriften, Kinderbibeln und dem Wachturm“; das Ergebnis sei eine „Diktatur des Mittelmäßigen“, die faschistoide Bildmuster reproduziert.
### Geschäft mit der Trauer – rechte Influencer nutzen KI-Slop zur Profilierung
Bewegungen wie „Make America Great Again“ oder katholische Kulturkrieger:innen (z. B. Bishop Robert Barron) produzieren Podcasts, Posts und Memes, um Trauer in politisches Kapital zu verwandeln. Die Gesprächspartner:innen sprechen von bewusster „AI-Slop“-Verbreitung („KI-Schlacke“), die gezielt rechte Lesarten stabilisieren und von seriösen Medien kaum unterscheidbar seien.
### Authentizitätsverlust – KI erschwert die Unterscheidung von Zitat und Fälschung
Da KI sowohl Stimme als auch Wortlaut fälschen kann, wird die Frage, „was Kirk wirklich gesagt hätte“, zur Glaubensfrage. Die Grenze zwischen dokumentierbarem Zitat und posthumer Simulation löst sich auf; damit entfällt laut Autoren eine stabile Grundlage für historische und theologische Bewertung.
### Theologische Grenzüberschreitung – Kirk wird mit Jesus verglichen
Die künstlichen Audio- und Bildsequenzzen übernehmen biblische Topoi („Nimm dein Kreuz auf“), setzen Kirk so mit Jesus gleich und entwerfen eine „Heilsgeschichte“ aus dem Jenseits. Die Sprecher:innen nennen das eine „christlich nicht mehr haltbare“ Vermessung, die zugleich konservative wie progressive Gläubige vor ein moralisches Dilemma stellt.
## Einordnung
Der Podcast leistet mehr als ein Technik-Feature: Er analysiert präzise, wie KI als Teil rechter Erinnerungspolitik fungiert und theologische Narrative umbiegt. Besonders gelungen ist die Selbstreflexion journalistischer Praktiken („Wir haben nie ein KI-Bild vom Papst generiert“) und die Auseinandersetzung mit pietätsloser Instrumentalisierung von Trauer. Die Gesprächsführung bleibt sachlich, ohne verschwörerische Richtungen zu bedienen; dominieren jedoch weiß-deutsche, katholisch-evangelische Perspektiven, während Betroffene aus US-amerikanischen Minderheiten oder KI-Expertise fehlen. Insgesamt ein wertvoller Beitrag zur digitalen Ethik mit prägnanter Kritik an rechter KI-Nutzung und einem Plädoyer für Medienkompetenz in Kirchen.