Paul Ronzheimer spricht mit Helene Bubrowski über das geplatzte Vier-Stufen-Modell zur Wehrpflicht. Die Union und SPD hatten sich auf ein Losverfahren mit schrittweiser Pflicht bis zum Verteidigungsfall geeinigt, doch Verteidigungsminister Boris Pistorius verweigerte seine Zustimmung, weil sein Ministerium nicht ausreichend einbezogen wurde und das Modell vorsieht, nur einen Teil der jungen Menschen zu mussieren. Die Folge: eine kurzfristig abgesagte Pressekonferenz, offener Koalitionskrach und Spott von Beobachter:innen. Die Diskussion zeigt, wie tief die Regierung in Berlin gespalten ist – bei einem Thema, bei dem Umfragen zufolge die Mehrheit der Deutschen ohnehin keine Dienstbereitschaft zeigt. ### 1. Das Vier-Stufen-Modell wollte Freiwilligkeit mit schrittweiser Pflicht verbinden Die Fraktionen hatten ein Stufenmodell vereinbart: zunächst Freiwilligenwerbung, dann Losverfahren zur Musterung, danach verfassungsrechtlich abgesicherte Bedarfswehrpflicht und schließlich allgemeine Wehrpflicht im Verteidigungsfall. Bubrowski erklärt, dies sei ein „Kuhhandel“ gewesen, um Union und SPD unter einen Hut zu bringen, da Letztere grundsätzlich skeptisch gegenüber Pflichtmodellen stehe. ### 2. Pistorius blockierte, weil nicht alle gemustert werden sollten Der Minister lehnte das Kommissionsmodell ab, weil darin nur ein Teil der Männer und Frauen des Jahrgangs per Los zur Musterung vorgeladen worden wäre. Sein ursprünglicher Referentenentwurf sah vor, allen 350.000 Jahrgängen Fragebögen zu schicken und anschließend alle zu mussieren – ohne sofortige Einberufung. Die neue Regelung würde seiner Einschätzung nach die Datengrundlage schwächen. ### 3. Die parlamentarische Vorverhandlung ignorierte das Ministerium Union und SPD verhandelten zwischen erster und zweiter Lesung – eigentlich der Zeit für Ausschussarbeiten – schon einen Kompromiss, ohne das Verteidigungsministerium kontinuierlich einzubinden. Bubrowski nennt das „unüblich“ und „voreilig“. Der Streit eskalierte, als Pistorius Simtje Möller (SPD) heftig kritisierte und die Fraktion kurzfristig die Pressekonferenz absagte. ### 4. Die Koalition wirkt handlungsunfähig Der Vorfall ist laut Bubrowski symptomatisch für schwarz-rot: „Die wiederholen die Fehler der Ampel“, weil Einzelakteure eigene Politik machen statt abzustimmen. Weder Kanzler Friedrich Merz noch Vizekanzler Lars Klingbeil griffen zeitnah ein, beide waren unterwegs. Die Folge: Imageschaden, AFD-Zitate und Spott aus dem Ausland. ### 5. Die Bevölkerung zeigt kaum Dienstbereitschaft Eine aktuelle INSA-Umfrage zugunsten der Bundeswehr liefert erschütternde Zahlen: 61 % würden sich bei einem Angriff auf einen NATO-Staat nicht melden, 56 % auch dann nicht, wenn Deutschland selbst betroffen wäre. Damit steht die Debatte über Pflichtmodelle vor einem Mentalitätsproblem, das über Gesetze allein nicht zu lösen sei, so Bubrowski. ## Einordnung Der Podcast liefert keine neutrale Berichterstattung, sondern nimmt klare Partei für eine funktionierende Regierungsarbeit. Ronzheimer wiederholt wiederholt, dass Pistorius „angezündet“ habe und die Koalition „nichts auf die Reihe“ bringe. Dabei bleibt die Frage offen, warum ein Minister ein Parlament daran hindern darf, zwischen den Lesungen Kompromisse zu suchen – ein Recht, das Abgeordnete grundsätzlich haben. Die Sendung spiegelt die Berliner Insider-Perspektive wieder, ohne nach außen geführte Argumente oder Gegenpositionen einzuholen. Die Dramaturgie nutzt ausgedehnte Wiederholungen und suggestive Fragen („Wie kann es denn sein, dass ihr nicht miteinander redet?“), was dem Format journalistisches Entertainment verleiht, aber analytische Tiefe vermissen lässt. Positiv: Die Gastschaft einer erfahrenen Parlamentsjournalistin liefert Details über Verhandlungsprozesse, die sonwohl kaum öffentlich werden. Insgesamt bleibt der Eindruck einer Boulevard-Kommentierung statt aufgeklärter Analyse.