The Lawfare Podcast: Lawfare Daily: ‘War in the Smartphone Age,’ with Matthew Ford
Matthew Ford über die Rolle von Smartphones in der Kriegsführung – von OSINT bis zur Beteiligung von Zivilist:innen am Kill Chain.
The Lawfare Podcast
74 min read3546 min audioIn dieser Episode des Lawfare Podcasts diskutieren Justin Sherman und Matthew Ford, Associate Professor an der Swedish Defence University und Autor von "War in the Smartphone Age", wie Smartphones und digitale Technologien moderne Kriege prägen – nicht nur in der Berichterstattung, sondern auch in der militärischen Planung und Ausführung.
### Die Smartphone-Revolution habe die Kriegsführung transformiert
Ford betont, dass Smartphones und Drohnen nicht nur Beobachter:innenrollen einnehmen, sondern aktiv in den sogenannten "kill chain" eingebunden seien. So hätten ukrainische Zivilist:innen zu Kriegsbeginn via WhatsApp und Drohnen russische Panzerkolonnen geortet und Artillerieziele vermittelt – ein Beispiel für "participatory warfare", bei dem Zivilist:innen aktiv zur militärischen Zielerfassung beitragen würden.
### Kontextverlust durch soziale Medien erschwere die Kriegswahrnehmung
Ein zentrales Problem sei der "collapsing context": Soziale Medien würden Kriegsbilder ohne zeitliche oder örtliche Einordnung präsentieren. Nutzer:innen würden Ereignisse verbinden, ohne deren tatsächlichen Ablauf zu kennen. Ford illustriert dies mit einem Video, das von einem ukrainischen Soldaten stammte, über China und Indien verbreitet wurde und schließlich auf Twitter landete – ohne dass die meisten Rezipient:innen die Herkunft oder Manipulation reflektierten.
### Open Source Intelligence (OSINT) sei zugänglich, aber komplex
Ford erklärt, dass moderne Kriegsführung zunehmend auf OSINT setze – also auf öffentlich zugängliche Daten wie Satellitenbilder, Social-Media-Posts oder Drohnenvideos. Diese seien zwar für alle zugänglich, erforderten aber Expertise und Zeit. Er selbst habe mit einem Team gezeigt, dass zivilgesellschaftliche Gruppen dieselben Standards wie US-Geheimdienste erreichen könnten – ein Paradigmenwechsel für kleinere Staaten und nicht-staatliche Akteure.
### Die digitale Infrastruktur sei neues Kriegsgebiet
Ford beschreibt den "tech stack" moderner Kriege: Von Unterseekabeln über Satelliten bis hin zu Cloud-Diensten bilde die zivile digitale Infrastruktur das neue Schlachtfeld. Hamas habe dies 2023 strategisch genutzt, indem sie israelische Zivilnetze für Kommunikation nutzte und gleichzeitig die militärischen Systeme störte – ein Beispiel dafür, wie Krieg heute auch über digitale Netze geführt werde.
### Crowdfunding und Gamification von Krieg veränderten Beteiligung
Plattformen wie signmyrocket.com erlaubten es Spendenden, Bomben zu finanzieren und sogar per Knopfdruck abzufeuern. Diese Entwicklung zeige, wie Krieg zunehmend gamifiziert und über digitale Plattformen finanziert werde – mit ethisch höchst problematischen Konsequenzen.
## Einordnung
Die Episode bietet eine sachliche, gut recherchierte Auseinandersetzung mit den komplexen Wechselwirkungen zwischen Digitalisierung und Kriegsführung. Ford vermeidet simple Wertungen und betont stattdessen die Verantwortung der Rezipient:innen, sich mit Herkunft und Kontext digitaler Kriegsdarstellungen auseinanderzusetzen. Die Diskussion bleibt auf akademischem Niveau, ohne Verschwörungstheorien oder rechtsextreme Narrative zu bedienen. Besonders bemerkenswert ist die differenzierte Darstellung ziviler Beteiligung an militärischen Prozessen – ohne diese zu glorifizieren. Die Sendung liefert wertvolle Einblicke für alle, die sich kritisch mit Kriegsberichterstattung im digitalen Zeitalter auseinandersetzen wollen.