Dieser isländische Kulturpodcast behandelt die Geschichte der isländischen Einwanderer in Neuisland (Kanada) vor 1900 und ihre Konflikte mit den indigenen Ojibwe. Historikerin Hildur Sigurbergsdóttir beschreibt, wie Isländer zunächst friedlich mit den Ojibwe koexistierten, diese aber nach Erlangung eigener Verwaltungsgewalt 1887 durch diskriminierende Gesetze systematisch aus ihrer Lebensgrundlage vertrieben. Die israeländische Selbstwahrnehmung als "gute Einwanderer" werde durch diese Geschichte erschüttert, die lange verschwiegen wurde. Zusätzlich stellen die Moderator:innen die neue Publikation "Ef ég væri birkitré" (Wenn ich eine Birke wäre) der Künstlerin Hildur Hákonardóttir vor, die persönliche Naturbetrachtung mit historischem Wissen über die Birke verbindet. Theaterkritikerin Katla Ársælsdóttir bespricht eine Aufführung von Shakespeares "Jónsmessunæturdraumur" (Mittsommernachtstraum) in Tjarnarbíó. ### 1. Isländische Kolonisierung von indigenem Land Die Isländer besiedelten 1875 ein Gebiet am Westufer des Winnipeg-Sees, das eigentlich den Ojibwe vorbehalten war. Der Vertrag mit den indigenen Völkern wurde erst danach abgeschlossen: "þessi landsvæði sem Íslendingarnir settust að á við vesturströnd Vinnýpegvatns, þau voru í sjálfu sér, þau voru í rauninni frátekin fyrir Ojibwe frumbyggjana." ### 2. Bruch im Miteinander durch Machtgewinn Nachdem die Isländer 1887 eigene Verwaltungsgewalt erhielten, brachen sie das ursprünglich kooperative Verhältnis zu den Ojibwe: "þegar að Íslendingarnir, eh, fá sína eigin stjórn, sem er árið 1887, þá í rauninni fer allt í uppnám." ### 3. Rassistische Gesetzgebung gegen indigene Völker Die neuen israeländischen Behörden erließen rassistische Gesetze, die den Ojibwe das Fischen, Sammeln von Beeren und die Nutzung ihres Landes verbieten sollten: "þar í rauninni eru settar reglur sem snúa að því hvernig frumbyggjarnir fá að nýta landið." ### 4. Aufarbeitung kolonialer Geschichte Die Historikerin kritisiert, dass Isländer sich lange als besonders gute Einwanderer sahen und die Konflikte mit indigenen Völkern verschwiegen: "við höfum alltaf viljað tala um það að við höfum verið svo góðir innflytjendur og höfum átt gott samstarf við alla." ### 5. Persönliche Naturbetrachtung Die Künstlerin Hildur Hákonardóttir veröffentlicht ein Buch über die Birke, das persönliche Reflexionen mit historischem Wissen über diese für Island typische Baumart verbindet. ### 6. Theaterkritik Katla Ársælsdóttir bespricht eine Inszenierung von Shakespeares "Mittsommernachtstraum" im Tjarnarbíó. ## Einordnung Der Podcast zeigt eine bemerkenswerte Selbstreflexion isländischer Geschichte, indem er die koloniale Seite der Einwanderergeschichte thematisiert. Die Historikerin nutzt klare Worte und spricht von rassistischer Gesetzgebung, was in der öffentlichen Diskussion Islands mutig erscheint. Die Moderator:innen geben den Expert:innen Raum für differenzierte Betrachtungen ohne zu relativieren. Besonders bemerkenswert ist die Offenheit, mit der die lang verschwiegene Geschichte der Landnahme und Unterdrückung indigener Völker besprochen wird. Der Podcast verzichtet auf hegemoniale Opfernarrative und zeigt vielmehr die Verantwortung der Isländer für historisches Unrecht auf. Die Verbindung von historischer Aufarbeitung mit aktuellen kulturellen Themen wie Kunst und Theater gelingt nahtlos und unterstreicht die Relevanz kritischer Geschichtsbetrachtung für das heutige Selbstverständnis. Die Diskussionskultur ist professionell und die Expert:innen erhalten ausreichend Zeit für komplexe Ausführungen ohne unterbrechende Kommentare.