Raport o stanie świata Dariusza Rosiaka: Raport o książkach – „Ścieżki Północy” Richard Flanagan
Ein sensibles Literaturgespräch über die Burma-Eisenbahn, koloniale Gewalt und die Macht der Erinnerung.
Raport o stanie świata Dariusza Rosiaka
5245 min audioRichard Flanagan, australischer Booker-Preisträger, spricht mit Agata Kasprolewicz über seinen Roman "Die schmalen Pfade des Nordens", der der eigenen Familiengeschichte nachempfunden ist. Sein Vater war australischer Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter beim Bau der berüchtigten Burma-Eisenbahn, an der 1942/43 rund 250.000 Menschen unter japanischer Kontrolle schuften mussten – bis zu 150.000 starben. Flanagan erzählt, wie der Vater nach seiner Rückkehr nie über Brutalität, sondern nur über die Menschlichkeit der Mitgefangenen sprach: „Im Lager habe ich das Beste in den Menschen gesehen.“ Der Schriftsteller brauchte zwölf Jahre, um die Geschichte zu Papier zu bringen, und fühlte sich „verurteilt, diesen einen Roman zu schreiben“. Die Sendung wirft auch einen Blick auf koloniale Verstrickungen Tasmanias und die Macht der Erinnerung.
### Die Burma-Eisenbahn als verdrängtes Kapitel
Flanagan betont, dass der Bau der „Todesbahn" in der westlichen Erinnerung kaum präsent sei, obwohl es sich um eine der grausamsten Kriegsverbrechen des Pazifikkriegs handele. Die japanische Imperialarmee habe die Strecke unter menschenunwürdigen Bedingungen in nur 16 Monaten durch den Dschungel getrieben.
### Die Rolle der Stille
Sein Vater habe jahrzehntelang geschwiegen, was Flanagan als „ethisches Schweigen" interpretiert: „Er wollte uns nicht mit seinen Traumata belasten.“ Erst als der Vater 80-jährig wurde, begann er in kleinen Bruchstücken zu erzählen.
### Literatur als moralische Verpflichtung
Flanagan sieht das Schreiben als „Akt der Liebe und des Widerstands gegen das Vergessen“. Ohne diesen Roman „hätte ich nie wieder etwas zustande gebracht".
### Tasmanien zwischen Schönheit und kolonialer Gewalt
Die Insel, die oft als „paradiesisch" beschrieben wird, sei gleichzeitig Schauplatz eines der systematischsten Völkermorde der britischen Kolonialgeschichte an den Palawa.
## Einordnung
Der Podcast folgt dem klassischen Literaturgespräch-Format: eine erfahrene Journalistin führt einen prominenten Autor durch dessen Werk und Biografie. Die Gesprächsführung ist professionell, empathisch und ohne sensationelle Zuspitzungen. Besonders bemerkenswert ist die sensibele Auseinandersetzung mit kollektiver Erinnerung: Statt heroischer Narrative wird die komplexe Verarbeitung von Trauma thematisiert. Die Sendung vermeidet nationalistische Vereinnahmungen und räumt ein, dass historisches Unrecht nicht auf eine Seite reduzierbar ist – weder auf japanische Kriegsverbrechen noch auf britische Kolonialverbrechen. Die Perspektive bleibt dabei auf die individuelle Erfahrung fokussiert, ohne die systemischen Dimensionen auszublenden. Für Hörer:innen, die sich für historisch fundierte Literaturgespräche interessieren, lohnt sich der Zugriff.