Ole Reissmann: AI Studies and Gotcha Headlines
Kritische Analyse einer KI-Studie, Einblicke in die Redaktionspraxis und ein Plädoyer für einen Journalismus, der auf Veränderung abzielt.
Ole Reissmann
7 min readDer Newsletter, verfasst von einem:einer Journalist:in mit technischem Fokus, analysiert kritisch eine Studie, laut der KI-Assistenten Nachrichten in 45% der Fälle falsch darstellen. Der:die Autor:in stellt die Methodik infrage: Die verwendeten Prompts seien möglicherweise unrealistisch, die Definition von „problematisch“ (z.B. fehlende Quellenangabe) zu streng und die getesteten KI-Modelle bereits veraltet. Ein eigener, anekdotischer Test mit 50 Anfragen an GPT-5 habe keine derartigen Probleme gezeigt. Der Newsletter warnt davor, die Zahl von 45% als bare Münze zu nehmen.
Ein weiterer Abschnitt behandelt die Veröffentlichung der internen KI-Richtlinien des SPIEGEL, die nach einer Panne mit einem KI-generierten Hinweis in einer Eilmeldung erfolgte. Zudem wird Mattia Peretti, Gründer von News Alchemists, interviewt. Er plädiert für einen „Change-Centric Journalism“, der sich durch die Qualität der angestoßenen Veränderung auszeichnet, anstatt durch Reichweite. Jazmín Acuñas Vision wird zitiert: „Journalismus, der mit Integrität betrieben wird, kann sich nicht durch Volumen oder Viralität auszeichnen, sondern durch die Qualität der Veränderung, die er ermöglicht.“ Abschließend gibt der Newsletter eine praktische Anleitung, wie man mit einem einfachen Skript einen Prompt hunderte Male an eine KI senden und die Ergebnisse speichern kann.
## Einordnung
Der Newsletter vertritt eine pragmatische und technik-affine Perspektive. Die Kritik an der KI-Studie ist keine fundamentale Ablehnung der Technologie, sondern ein Plädoyer für eine differenziertere, empirisch fundierte Auseinandersetzung. Die unausgesprochene Annahme ist, dass technischer Fortschritt Probleme schnell löst und Studien rasch veralten. Die Agenda des Newsletters ist es, Journalist:innen zu befähigen, KI kompetent und kritisch zu nutzen, anstatt sie zu verteufeln oder unreflektiert zu übernehmen. Stimmen, die eine grundsätzlichere Gesellschaftskritik an KI üben, kommen nicht zu Wort.
Die Ausgabe ist lesenswert für Medienschaffende und technisch interessierte Leser:innen, die einen lösungsorientierten und praxisnahen Blick auf den Einsatz von KI im Journalismus suchen. Wer eine tiefgreifende ethische oder soziologische Debatte erwartet, wird hier nicht fündig.