POLITICO Berlin Playbook: Nawrocki besucht Merz und der Streit um den Haushalt
Haushalts-Ironman, polnischer Präsident in Berlin und SPD-Zukunft im Ruhrgebiet – der POLITICO-Morgenpodcast fasst die wichtigsten politischen Entwicklungen kompakt zusammen.
POLITICO Berlin Playbook
29 min read1269 min audioDer POLITICO-Berlin-Playbook-Podcast vom 16. September 2025 beleuchtet drei Schwerpunkte: den anstehenden „Haushalts-Ironman“ im Bundestag, den ersten Berlin-Besuch des umstrittenen polnischen Präsidenten Karol Nawrocki und die Zukunft der SPD im Ruhrgebiet. Gordon Repinski spricht mit Finanzexperte Rasmus Buchsteiner über die Lücke von 30 Mrd. Euro im Etat 2027, mit Korrespondent Hans von der Burchard über deutsch-polnische Spannungen (Reparationsforderungen, Drohnen-Vorfall, NATO-Abwehr) und führt ein 200-Sekunden-Interview mit Paul Ziemiak (CDU) über Verantwortung, Grenzkontrollen und die Frage, ob es einen „Schlussstrich“ in den bilateralen Beziehungen geben kann. Zusätzlich gibt Einblicke in die Stimmung beim Vorwärts-Fest der SPD und lädt Hörer zu einem Diskussions-Dinner mit POLITICO-Kollege Jonathan Martin ein.
### 1. Milliardenloch 2027 bestimmt schon die Haushaltswoche 2025
Buchsteiner betont, dass die eigentlichen Einschnitte nicht 2026, sondern 2027 drohen: „die Lücke, die geschlossen werden muss, ist 30 Milliarden Euro“. Finanzminister Klingbeil habe deshalb „relativ früh … den Hinweis gegeben, dass Steuererhöhung für ihn kein Tabu sind“ und eine Schuldenbremse-Reformkommission eingesetzt.
### 2. Subventionen stehen auf der Kürzungsliste
Als größter Hebel neben Steuererhöhungen nennt Buchsteiner Subventionen: „Bei Subventionen, bei Förderprogrammen … da ist auch noch Spielraum“. Die Ministerien hätten erste Vorschläge geliefert, „aber noch einmal 1 % einzusparen ist nicht allzu ehrgeizig“.
### 3. Nawrocki reist „undercover“ nach Berlin
Von der Burchard schildert, dass der neue polnische Präsident bewusst ohne Presseauftritt reist: „versucht der Nawrocki hier in Berlin echt undercover zu bleiben, keine Medientermine, keine Pressekonferenz“. Hintergrund sei die innenpolitische Blockade in Warschau – selbst der designierte Botschafter könne nicht ernannt werden.
### 4. Reparationsforderungen bleiben außenpolitischer Störfaktor
Die deutsche Position gelte als „rechtlich bereits geklärt“, Nawrockis Forderungen nach Zweit-Weltkriegs-Entschädigungen werde man nicht nachkommen. Stattdessen setze Berlin auf symbolische Schritte (Gedenkstein, Deutsch-Polnisches Haus) und gemeinsame Sicherheitsprojekte.
### 5. Sicherheitskooperation als praktische Brücke
Nach dem jüngsten Drohnen-Eindringen in polnischen Luftraum zeige sich, „dass Polen da eben auch verletzlich ist“. Deutschland wolle „Abhilfe schaffen“ und als künftige größte europäische Militärmacht enger mit Warschau kooperieren.
### 6. „Es wird nie zu einem Schlussstrich kommen“
Paul Ziemiak plädiert für eine Zukunfts- statt Vergangenheitsdebatte: „das gegenseitige Aufrechnen von Leid bringt niemanden weiter“. Grenzkontrollen seien zwar wirksam, sollten aber sukzessive zurückgeführt werden, um Vertrauen zurückzugewinnen.
## Einordnung
Die Sendung arbeitet professionell mit klaren Strukturen: kurze Einleitung, Expertengespräche, knackiges Interview, Szene-Report und Ausblick. Faktische Behauptungen (z. B. zur Völkerrechtslage der Reparationen) bleiben unhinterfragt, liegen aber im journalistisch akzeptabben Rahmen. Diskursiv auffällig: Die wiederholte Frage nach einem „Schlussstrich“ in den deutsch-polnischen Beziehungen suggeriert eine Binary, die Realität komplexer macht; alternative Perspektiven (z. B. polnische Zivilgesellschaft, kritische Historiker) fehlen. Die EU- bzw. NATO-Logik wird als selbstverständlich reproduziert, Machtasymmetrien (Deutschland als finanzstarke Nachbarin) werden eher beschrieben als hinterfragt. Rechte oder esoterische Inhalte sind nicht erkennbar; die Atmosphäre bleibt sicherheitspolitisch und haushaltstechnisch auf Faktenfokus. Insgesamt liefert der Podcast eine kompakte Orientierung für Hauptstadt-Profis, ohne neue Frames zu setzen.
Hörempfehlung: Wer einen schnellen Überblick über die Haushalts- und sicherheitspolitischen Top-Themen dieser Woche braucht, bekommt hier präzise Hintergrundinfos – inhaltlich unbedenklich, aber ohne große Überraschungen.