FALTER Radio: Peršmanhof: Eine Polizeiaktion reißt alte Wunden auf – #1444
Der FALTER rekonstruiert den brisanten Polizeieinsatz am Perschmannhof und lässt Betroffene erstmals ausführlich zu Wort kommen.
FALTER Radio
27 min read1623 min audioDer FALTER-Radio-Podcast widmet sich der massiven Polizeiaktion vom 27. Juli 2025 gegen das antifaschistische Bildungscamp am Perschmannhof in Kärnten. Moderator Raimund Löw und Reporter Jürgen Klatzer sprechen mit der Organisatorin Yara Palmisano und dem Obmann des Vereins Perschmannhof, Markus Gönitzer.
### 1. Polizeieinsatz mit unverhältnismäßiger Gewalt
Die Polizei sei mit rund 30 Beamten, Hubschrauber und Hundestaffel angetreten, um angeblich Verwaltungsübertretungen zu prüfen. Palmisano berichtet: "Es war einfach angsteinflößend. Wir haben einfach Angst gehabt. Leute haben angefangen, Panik zu bekommen." Die Einsatzkräfte der SIG hätten das Museum gestürmt, obwohl kein Widerstand geleistet wurde.
### 2. Verdacht auf politisch motivierten Hintergrund
Obwohl offiziell Naturschutz- und Campingplatzverstöße als Grund genannt wurden, deuten alle Beteiligten darauf hin, dass der Einsatz politisch motiviert gewesen sein könnte. Die Polizei habe erst im Laufe des Einsatz das Anstandsverletzungsvorwurf erhoben, weil das Camp an einer NS-Gedenkstätte stattfand.
### 3. Perschmannhof als zentraler Erinnerungsort
Gönitzer erklärt die besondere Bedeutung des Ortes: "Für die Kärntner Slow:innen ist das natürlich der zentrale Gedenkort in ganz Österreich." Dort wurden 1945 Kärntner Slow:innen von NS-Schergen ermordet, was sich ins kollektive Gedächtnis der Minderheit eingeprägt habe.
### 4. Betroffene berichten von psychischem Trauma
Palmisano schildert die Auswirkungen: "Alle Leute sind gesessen auf der Seite, auf diesen Bänken, auf der Wiese und haben geweint, weil unklar ist, was passiert." Die Trennung von Personen im Haus und die aggressive Vorgehensweise hätten langanhaltende psychische Belastungen verursacht.
### 5. Museum unterstützt Camp explizit
Gönitzer betont, dass das Museum das Camp nicht nur geduldet, sondern aktiv unterstützt habe: "Das, was dort vermittelt wird, deckt sich mit dem Museumsauftrag, also quasi die Vermittlung der Geschichte des Antifaschismus und des NS-Terrors in der Region."
## Einordnung
Der Podcast liefert eine differenzierte, journalistisch fundierte Aufarbeitung eines brisanten Polizeieinsatzes. Die Redaktion verzichtet auf sensationsheischende Berichterstattung und lässt stattdessen die Betroffenen ausführlich zu Wort kommen. Besonders bemerkenswert ist die sorgfältige Einordnung der historischen Dimension - der Perschmannhof wird nicht nur als Schauplatz eines aktuellen Konflikts, sondern als symbolträchtiger Ort der Erinnerungskultur präsentiert. Die journalistische Herangehensweise zeigt sich in der konsequenten Nachfrage nach Hintergründen und der Vermeidung von Spekulationen über politische Verantwortlichkeiten. Gleichzeitig wird deutlich, wie sehr die Repräsentationshoheit über Gedenkstätten immer noch umkämpft ist. Die Sendung gelingt es, die Perspektive der Kärntner Slow:innen sichtbar zu machen, ohne dabei andere Stimmen auszublenden. Als professionelles Nachrichtenformat liefert der FALTER hier eine wichtige Dokumentation eines möglicherweise politisch motivierten Polizeieinsatzes.