KI verstehen: Digitale Verwaltung - KI-Assistent F13 soll Behörden auf Trab bringen
Podcast-Recherche über Baden-Württembergs Behörden-KI F13: zwischen Open-Source-Souveränität, technischen Herausforderungen und politischem Klüngel.
KI verstehen
44 min read2094 min audioDer DLF-Podcast „KI verstehen“ widmet sich in der Folge „Schnell, zuverlässig, digital – so wünschen sich Bürger:innen die Verwaltung“ dem baden-württembergischen KI-Assistenten F13, der Behördenmitarbeitenden beim Texten, Recherchieren und Antragsprüfen helfen soll. Moderator Ralf Krauter spricht mit der Wissenschaftsjournalistin Eva Wolfangel, die F13 heimlich testet und mit Beteiligten wie dem InnoLab-Macher Björn Beck und der Verwaltungsexpertin Anita Klingel spricht. F13 ist Open Source, läuft auf Landesservern und nutzt Modelle wie Llama oder Mistral, um Datensouveränität zu wahren. Die Praxis zeigt: Die Chat-Funktion liegt hinter ChatGPT zurück, die Recherche liefert keine Landtagsanfragen, dafür sind Zusammenfassungen interner Dokumente und formale E-Mail-Entwürfe hilfreich. Hinter den Kulissen gibt es zwei parallele Versionen: das neue Open-Source-F13 und die Lizenz-Variante „Varia Government Assistant“, ursprünglich mit dem angeschlagenen Start-up Aleph Alpha, das möglicherweise durch politische Nähe zum damaligen Staatsminister Florian Stegmann begünstigt wurde. Die Journalistin konstatiert: Schulungen und offene Kommunikation über Fehler sind nötig, damit die Verwaltung F13 sinnvoll nutzt und Steuergeld nicht in dubiose Lizenzmodelle fließt.
### F13 liegt technisch hinter ChatGPT zurück
Die Chat-Funktion von F13 wirke auf Eva Wolfangel „wie ChatGPT 3.5“, produziere teils falsche Behauptungen („Sie dürfen in der Behörde ChatGPT nutzen“) und habe kein Gedächtnis oder Internetzugang. Als Sicherheitsfeature sei das zwar nachvollziehbar, mache das Tool aber weniger leistungsfähig als kommerzielle Anbieter.
### Recherche liefert keine relevanten Ergebnisse
Ein Test-Use-case suche nach einer konkreten Landtagsanfrage in internen Dokumenten blieb erfolglos; über das offene Internet fand Wolfangel die gesuchte Anfrage „in Sekunden“. F13 brauche daher „bessere Schulungen“ und klar definierte Aufgaben statt wissensbasierter Chat-Fragen.
### Zwei Versionen: Open Source und Lizenzmodell
Seit Sommer 2024 gibt es einerseits F13 als kostenloses Open-Source-System, andererseits die Lizenz-Version „Varia Government Assistant“ über den GAFtech-Campus. Beide laufen parallel; Letztere kostet pro Arbeitsplatz 2 €/Monat und ist weiter anfällig für Halluzinationen (z.B. „Weißlichtmilbe“-Hoax).
### Politische Nähe zu Aleph Alpha
Der frühere Staatsminister Florian Stegmann, enger Freund von Aleph-Alpha-Gründer Jonas Andrulis, hatte das Projekt maßgeblich vorangetrieben. Nach seinem Ausscheiden ging Stegmann zu einer an Aleph Alpha beteiligten Beteiligungsgesellschaft; das Land trennte sich daraufhin offiziell von Aleph Alpha und positionierte F13 neu als modellagnostisch.
### Souveränität als Alleinstellungsmerkmal
Datenschützerin Anita Klingel betont, F13 sei nicht als besseres ChatGPT konzipiert, sondern als „genuin souveräne Plattform“ auf Landesservern. Nur so könnten sensible Verwaltungsdaten vor dem Zugriff durch US-Cloud-Anbieter oder ausländische Geheimdienste geschützt werden.
### Leuchtturmprojekt mit Start-up-Förderung
Trotz technischer Mängel gilt F13 als bundesweites Vorzeigeprojekt: Andere Länder (z.B. Saarland) bauen eigene Instanzen auf, der Code steht frei zur Verfügung und soll Behörden vor teuren Einzel-Lösungen schützen. Kritiker fordern mehr Transparenz über Fehler und Kosten, um Vertrauen in die Steuergelder-Nutzung zu stärken.
## Einordnung
Der Podcast liefert kein technisches Faktenchecking, sondern eine persönliche Recherche-Perspektive: Wolfangel berichtet offen über ihre eigenen Fehlschläge, ihre anfängliche Skepsis und ihr Umdenken. Das Format bleibt trotz komplexer Themen (Open Source, KI-Act, Vetternwirtschaft) unterhaltsam und verzichtet auf erhobenen Zeigefinger. Positiv: Es werden verschiedene Betroffenen zu Wort kommen lassen – von Mitarbeitenden über IT-Leiter bis zur externen Expertin – und so eine differenzierte Sicht auf Souveränität versus Usability ermöglicht. Kritisch: Die Recherche bleibt in Teilen abhängig von Einzel-Whistleblowerinformationen; konkrete technische Benchmarks oder unabhängige Evaluationen fehlen. Der Verdacht politischer Günstlingswirtschaft wird durch Indizien (Freundschaft, anschließende Beteiligungsgesellschaft, parallele Lizenzversion) gestützt, aber nicht juristisch hinterfragt. Insgesamt bietet die Episode einen leicht verdaulichen Einstieg in das Thema KI in der Verwaltung und regt dazu an, hinter Marketing-Claims tatsächliche Nutzen und Nachhaltigkeit zu hinterfragen.