DW AfricaLink: Nigeria: Fighting terror and separatism
DW „Under the Baobab“ diskutiert mit dem nigerianischen Militärsprecher über Sicherheit, Menschenrechte und die Gleichsetzung von Separatismus mit Terrorismus.
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39 min read1800 min audioDie DW-Podcastfolge „Under the Baobab“ vom 5. September 2025 diskutiert mit Brigadier General Tukur Gusau, Sprecher der nigerianischen Streitkräfte, die Sicherheitslage des Landes. Im Mittelpunkt steht das Verhältnis zwischen Separatismus und Terrorismus, insbesondere nach der Verurteilung des pro-Biafra-Aktivisten Simon Ekpa in Finnland.
### 1. Militär sieht Gerichtsurteil als Sieg, Bürger:innen zweifeln an Sicherheit
General Gusau bezeichnet Ekpas Verurteilung als „resounding victory for the Nigerian military“. Er betont, der Aktivist habe „a lot of crimes perpetuated“ und sei für den Tod von Soldat:innen verantwortlich. Gleichzeitig zeigen Straßeninterviews, dass viele Menschen sich „scared“ fühlen und der Regierung mehr Schutz fordern.
### 2. Kein Unterschied zwischen Boko Haram und IPOB – beides „Terrororganisationen“ laut Armee
Auf die Frage, warum die Regierung Separatist:innen und Boko Haram gleich behandelt, antwortet Gusau: „If you kill human being, what does that mean? Boko Haram killed people, the IPOB killed people. As far as we are concerned, they are all terrorist organizations.“
### 3. Separatismus als „accumulated grievances“, nicht Ideologie
Die Moderator:innen differenzieren: Boko Haram führe einen ideologischen Krieg, während pro-Biafra-Kräfte aus „Diskriminierung“, Minderheitenstatus und dem Gefühl von Ungerechtigkeit heraus agierten. Gusau weist dies zurück: „A terrorist organization is a terrorist organization. So, no more, no less.“
### 4. Militär bestreitet Menschenrechtsverletzungen trotz UN-Berichten
Gusau erklärt, Berichte von UN und Human Rights Watch seien „false“, weil die Autor:innen „not even on ground“ gewesen seien. Er fordert: „If you have any evidence, bring it forward. We will not shield anybody.“
### 5. Lösungsvorschlag: Grenzzaun statt politischer Dialog
Als langfristige Strategie wirbt der General für das „fencing of our borders“, analog zu anderen Staaten. Dialog mit Separatist:innen lehnt er ab: „The constitution is very clear on agitations … Not through killing people.“
## Einordnung
Die Sendung wirkt wie ein Balanceakt zwischen investigativer Berichterstattung und der Bereitstellung einer PR-Plattform. Zwar stellen die Moderator:innen kritische Gegenfragen, doch bleibt die argumentative Kontrolle beim Militärvertreter. Besonders problematisch: Die Gleichsetzung von Biafra-Separatist:innen mit Boko Haram entpolitisiert einen Kolonialfolge-Konflikt und entlarvt das Fehlen zivilgesellschaftlicher Perspektiven. Die Menschenrechtskritik wird zitiert, aber nicht weiter hinterfragt; stattdessen übernimmt der General die Deutungshoheit. Die Folge transportiert so die Botschaft, Sicherheit sei primär militärisch lösbar – ein Frame, der strukturelle Ursachen wie Marginalisierung und historische Ungerechtigkeit ausblendet. Für Hörer:innen bleibt die zentrale Frage offen: Wer spricht eigentlich für die Betroffenen vor Ort?