Politics Weekly America: Gaza ceasefire plan: how much credit does Trump deserve?
Jonathan Freedland und Julian Borger analysieren Trumps angekündigten Gaza-Deal zwischen Israel und Hamas – zwischen Machtspielen, Koalitionsdruck und Nobelpreis-Träumen.
Politics Weekly America
28 min read1700 min audioDer Guardian-Podcast „Politics Weekly America“ beleuchtet in dieser Folge den angekündigten Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas, den US-Präsident Donald Trump auf seiner Plattform Truth Social verkündete. Moderator Jonathan Freedland spricht mit Julian Borger, Senior International Correspondent des Guardian, über die Details des Deals, Trumps Rolle und die politischen Risiken.
### 1. Trump beansprucht Durchbruch im Gazakrieg
Trump habe auf Truth Social verkündet, dass Israel und Hamas der ersten Phase eines Waffenstillstands zugestimmt hätten. Demnach sollen alle verbleibenden Geiseln freikommen, im Gegenzug Israel Truppen zurückziehen. Borger betont, dass die Struktur des Deals der gescheiterten Februareinigung ähnele, diesmal aber mehr Details zur „Day-After-Planung“ vorlägen und Trump stärker eingebunden wirke.
### 2. Tausch: Geiseln gegen lebenslänglich Verurteilte
Israel müsse laut Borger rund 1.700 palästinensische Gefangene freilassen, darunter 250 mit lebenslänglichen Haftstrafen. Dies gelte als politisch brisant in Israel, da viele Menschen dort für schwere Gewaltverbrechen einsäßen. Die Regierung habe zudem ein Vetorecht für einzelne Namen, etwa für den populären Fatah-Politiker Marwan Barghouti.
### 3. Phase zwei bleibt vage
Die 20-Punkte-Liste zur Zukunft Gazas enthalte laut Borger keine klaren zeitlichen Abfolgen. Es fehle ein durchgehender Fahrplan, wie man von der Geiseln-Rücknahme zur dauerhaften Regierungsstruktur komme. Viele Punkte seien eher „aspirational“, darunter ein mit Trump und Tony Blair besetztes „Peace Board“.
### 4. Netanyahus Koalitionsdruck könnte alles zerreißen
Bereits im März habe Netanjahu eine ähnliche Vereinbarung platzen lassen, weil Ultranationalisten wie Ben-Gvir und Smotrich drohten, die Koalition zu verlassen. Selbst wenn sie diesmal zunächst zustimmten, könnten sie bei weiteren israelischen Rückzügen die Regierung stürzen. Netanjahu setze seine politische Überlebenswahrscheinlichkeit über den Friedensprozess.
### 5. Trump wolle sich als Friedensstifter feiern lassen
Die Ankündigung auf Truth Social, die Inszenierung mit Rubios Zettel und die Reise in die Region zeigten, dass Trump den Erfolg persönlich markiere. Borger vermutet, Trump habe Netanjahu härter unter Druck gesetzt als Biden, dessen Zaudern im Wahljahr dem Vorwurf der Schwäche unterläge. Kritiker entgegnen, Trump hätte schon im März eingreifen können und viele Menschenleben retten können.
### 6. Nobel-Friedenspreis als möglicher Antrieb
Trump träume laut Borger seit Jahren vom Friedensnobelpreis, habe die Zahl der von ihm gelösten Konflikte sogar von sechs auf acht hochgerechnet. Da der Preis für 2024 bereits vergeben sei und die Tragfähigkeit des neuen Abkommens offen stehe, erscheine eine Auszeichnung 2025 denkbar, so er auch in der Ukraine einen entsprechenden Schritt mache.
## Einordnung
Der Guardian liefert hier ein professionell recherchiertes Update, das zwischen Hoffnung und Skepsis balanciert. Freedland und Borger durchleuchten sowohl die Fakten als auch die Machtspielchen: Sie zeigen Trumps Selbstinszenierung, Netanyahus innenpolitische Zwickmühle und die prekäre Lage der Geiseln. Besonders wirksam ist die Gegenrechnung, die Trump nicht nur als Retter, sondern auch als Mitverantwortlicher für die sechsmonatige Kriegsfortsetzung darstellt. Die Frage nach dem Nobelpreis wird dabei nicht als lächerliche Nebensache abgetan, sondern als möglicher Motivationsfaktor ernst genommen. Stilistisch bleibt der Podcast journalistisch klar, ohne in Trump-Bashing zu verfallen; die Skepsis ergibt sich aus der nüchternen Analyse der Widersprüche. Einziger Blind Spot: Die Perspektive palästinensischer Zivilgesellschaft kommt nur am Rande vor, während die Machtasymmetrie zwischen Israel und Hamas wenig hinterfragt wird.