Der Podcast "O Assunto" mit Natuza Nery diskutiert die Massenproteste in Brasilien gegen die sogenannte „PEC da Blindagem“ – eine Verfassungsänderung, die Abgeordnete vor Strafverfolgung schützen soll – und gegen eine Amnestie für die Putschisten vom 8. Januar 2023. Zu Gast ist der Journalist und GloboNews-Kommentator Thomas Traumann. Er betont, dass linke Kräfte erstmals seit Jahren wieder die Straßen dominieren und die politische Symbolik zurückgewinnen. Die Proteste hätten eine neue Mobilisierungskraft demonstriert, während die rechte Bolsonaro-Lager an Einfluss verliert. ### 1. Linke Bewegung zurück in den Straßen Traumann erkennt einen historischen Wendepunkt: „Es sei das erste Mal seit rund zehn Jahren, dass Menschen ohne bolsonaristische Fahne auf die Straße gingen.“ Die Linke habe die Fähigkeit zur Massenmobilisierung zurückerobert. ### 2. Symbolik der Flaggen Die Linke nutze die brasilianische Nationalflagge, die in den vergangenen Jahren von rechten Kräften monopolisiert worden sei. Traumann: „Die Bolsonaristas haben der linken brasilianischen Szene buchstäblich die Flagge des Nationalismus und Patriotismus übergeben.“ ### 3. Politische Folgen der US-Sanktionen US-Sanktionen gegen brasilianische Politiker:innen, darunter die Ehefrau von Supreme-Court-Richter Alexandre de Moraes, verschärfen die innenpolitische Lage. Traumann kritisiert: „Das sei kleinlich gemacht worden, um Präsident Lula während seiner UNO-Rede zu beschämen.“ ### 4. Zerreißprobe für Parlament und Centrão Die PEC der Immunität sei eine Allianz von Bolsonaro-Anhängern und dem sogenannten Centrão. Viele Parlamentarier:innen bereuen laut Traumann ihre Zustimmung, da sie die öffentliche Empörung unterschätzt hätten. ### 5. Strategische Fehler der Rechten Die Rechte habe sich durch die Nähe zur Familie Bolsonaro und durch Unterstützung US-amerikanischer Sanktionen gegen brasilianische Institutionen vom Volk entfremdet. Traumann: „Die Leute am Markt sind nicht besorgt über Eduardo Bolsonaro, sondern über die Auswirkungen der Handelszölle auf ihr Leben.“ ### 6. Chancen für die Regierung Lula Die Proteste eröffnen laut Traumann eine neue politische Debatte. Der Kongress solle sich nun mit Alltagsthemen wie Steuerreform, Sicherheitspolitik und Verwaltungsmodernisierung beschäftigen. Die Amnestie für Putschisten und die Immunitäts-PEC sehen beide als erledigt an. ## Einordnung Die Sendung ist journalistisch professionell aufbereitet. Natuza Nery stellt klare Fragen und fordert konkrete Einschätzungen. Thomas Traumann argumentiert sachlich, stützt sich auf Zahlen (z.B. Teilnehmer:innen der Demos) und liefert politische Kontexte. Herausstechend ist die differenzierte Symbol-Analyse der Flaggen und die Einordnung der US-Sanktionen als gezielten diplomatischen Affront. Kritisch bleibt, dass nur sehr wenige Stimmen aus dem Lager der PEC-Befürworter:innen vorkommen; die Expertise dominiert eindeutig. Es gibt keine Verschwörungserzählungen oder rechtsextreme Positionierungen. Die Diskussion bleibt rational und faktenbasiert, was angesichts des hochpolitischen Themas erfrischend ist. Die Sendung liefert eine klare Analyse der Machtverschiebungen in Brasilien und zeigt, wie Parlament, Zivilgesellschaft und internationale Akteure miteinander verstrickt sind.