Die schwedische Radiosendung Studio Ett widmet sich einem Beitrag des P1-Programms "Människor och tro" über die zunehmende Segregation in Schweden. Im Fokus steht die Frage, warum die Integration besonders in Wohnvierteln scheitert und welche Rolle dabei die Stadtplanung spielt. Als Hauptgesprächspartner sind der Islamwissenschaftler Mohammad Fazlhashemi, der Geograph Thomas Wimark und der Delmos-Gutachter Martin Lindholm zu hören. ### 1. Sozialraum statt Begegnungsraum Mohammad Fazlhashemi konstatiert, dass sich Bewohner:innen in Problemvierteln kaum noch außerhalb ihrer eigenen Gruppe bewegen: "Jag tror att det är en fråga [...] att man har få kontakter utanför det egna området". Dies führe zu einem Verlust an "sozialem Kapital" und verfestige die Armut. ### 2. Schwedens Wohnungsbau verstärkt Klassengrenzen Thomas Wimark erklärt, dass in anderen europäischen Ländern Miet- und Eigentumswohnungen bewusst gemischt werden, während Schweden oft ganze Stadtviertel aus nur einem Bauprinzip errichtet: "vi inte har några mellanhänder som blandar boendeformer". Die Folge sei eine "Klassenflucht", bei der Aufsteigende abwandern und nur Geringverdienende zurückbleiben. ### 3. Enklavbildung durch schnelle Urbanisierung Laut Fazlhashemi habe die Politik in den 1990er- und 2000er-Jahren günstige Mietwohnungen gezielt für Neuankömmlinge gebaut, ohne auf Durchmischung zu achten: "har samlat de här grupperna på ett och samma ställe". Daraus seien muslimische wie nicht-muslimische Enklaven entstanden, deren Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft sinke. ### 4. Mehr Bauen allein reicht nicht Martin Lindholm betont, dass die Segregation nicht nur ein Migrations-, sondern vor allem ein sozioökonomisches Problem sei. Er fordert deshalb eine "skyldighet att bygga bort segregationen", also eine gesetzliche Pflicht der Kommunen, bei Neubaugebieten verschiedene Wohnformen und Preiskategorien zu vermischen. ### 5. Falscher Anreiz durch Wohnungsmarkt Ein zentrales Hindernis sei die fehlende Mobilität: "Man har inget incitament att flytta". Lindholm plädiert für Anreize, damit Bewohner:innen ihre Wohnung tauschen können, ohne auf eine Warteliste gesetzt oder mit hohen Nebenkosten bestraft zu werden. ## Einordnung Die Sendung präsentiert sich als klassisches Informationsformat des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: sachlich, vorgeblich neutral und mit Wissenschaftler:innen als Autoritäten. Kritisch ist jedoch, dass die Debatte primär über die räumliche Trennung und weniger über strukturelle Ursachen wie steigende Einkommensunterschiede oder Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt geführt wird. Durch die wiederholte Betonung religiöser Enklaven ohne differenzierende Gegenrede entsteht der Eindruck, Muslime seien per se Integrationshemmer. Die fehlenden Stimmen von Betroffenen oder Migrant:innenorganisationen verengt die Perspektive auf technische Stadtplanung und individualisierte "Kontaktschwäche". Die argumentative Folie bleibt konsensorientiert: Auflösung der Segregation durch mehr Bauland und bessere Infrastruktur – eine Lösung, die soziale Konflikte und Machtasymmetrien ausblendet.