Alles gesagt?: Alli Neumann, wie wird man heute Popstar?

Sängerin Alli Neumann reflektiert über Musik, Politik und den Verzicht auf Statussymbole im Kampf um Authentizität.

Alles gesagt?
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In der Folge "Alli Neumann" des ZEIT-Podcasts "Alles gesagt?" spricht die Sängerin und Schauspielerin über 3,5 Stunden mit Christoph Amend und Jochen Wegner über ihre Musik, Politik und Lebensphilosophie. Neumann, die mit 14 die Schule verließ, um Popstar zu werden, reflektiert über ihre ungewöhnliche Biografie zwischen Polen, Nordfriesland und der Musikbranche. ### Die Musik als Beruf und Berufung Alli Neumann beschreibt ihre Entwicklung zur professionellen Musikerin als organischen Prozess. Sie habe bereits früh gewusst, dass Musik ihr Weg sei, auch wenn sie zwischenzeitlich andere Pläne verfolgte. "Ich wollte mit 20 eigentlich Antiquitätenhändlerin werden wie mein Vater", erzählt sie, entschied sich aber letztendlich doch für die Musik. 2021 gründete sie ihr eigenes Label, um künstlerische Unabhängigkeit zu erlangen. ### Politisches Engagement und gesellschaftliche Verantwortung Neumann positioniert sich als "Champagne Socialist" und spricht offen über ihre politischen Überzeugungen. Sie sehe es als Verantwortung von Künstler:innen an, gesellschaftliche Themen anzusprechen und sich zu engagieren. Dabei reflektiert sie kritisch über die Privilegien ihrer Position und die Herausforderungen, authentisch zu bleiben. ### Identität und Selbstbestimmung in der digitalen Welt Ein zentrales Thema des Gesprächs sei ihre Auseinandersetzung mit Identitätsfragen und dem Wunsch nach Authentizität. Neumann beschreibt ihre Entscheidung, sich von materiellen Besitztümern zu trennen: "Ich habe mich vor Kurzem von all meinen Instrumenten und meiner Trachtensammlung getrennt." Dies verstehe sie als Befreiungsakt von gesellschaftlichen Erwartungen und Statussymbolen. ### Künstlerische Vielseitigkeit zwischen Musik und Schauspiel Die Künstlerin erzählt von ihren verschiedenen kreativen Projekten, darunter ihre Rolle in der Netflix-Serie "Kleo" und ihre Zusammenarbeit mit Coldplay. Parallel zur Popmusik komponiere sie auch für Kinderfilme, was ihre künstlerische Bandbreite unterstreiche. ## Einordnung Das Gespräch zeigt die typische Stärke des "Alles gesagt?"-Formats: Durch die offene Zeitstruktur entsteht Raum für tiefere Reflexionen über Kunst, Politik und Lebensentwürfe. Neumann präsentiert sich als reflektierte Künstlerin, die gesellschaftliche Privilegien und Verantwortung bewusst thematisiert. Besonders interessant ist ihre Selbstbezeichnung als "Champagne Socialist" - ein Begriff, der die Spannung zwischen künstlerischem Erfolg und politischen Überzeugungen auf den Punkt bringt. Die Interviewer lassen ihr dabei viel Raum für persönliche Erzählungen, was authentische Einblicke ermöglicht. Kritisch anzumerken ist, dass alternative Perspektiven auf Künstler:innen-Aktivismus oder die Rolle von Musik in gesellschaftlichen Debatten wenig Raum erhalten. Neumann spricht aus einer privilegierten Position als etablierte Künstlerin mit eigenem Label, andere Realitäten der Musikbranche bleiben unberücksichtigt. Das Gespräch bietet dennoch wertvolle Einblicke in zeitgenössische Fragen von Authentizität und gesellschaftlicher Verantwortung in der Kulturbranche.