In ihrer Kolumne für netzpolitik.org argumentiert Bianca Kastl, dass die Debatte um die EU-Chatkontrolle von irrationaler Wut angetrieben wird, die zu gefährlichen und ineffektiven politischen Lösungen führt. Sie vergleicht die Dynamik mit der eines Lynchmobs, wie er im Film "Blinde Wut" von Fritz Lang dargestellt wird, wo starke Emotionen zu verheerenden Fehlurteilen führen. Als historisches Beispiel dient ihr das gescheiterte deutsche "Zugangserschwerungsgesetz" von 2009, das die damalige Ministerin Ursula von der Leyen ebenfalls mit emotionalen Appellen wie den "zerfetzten Seelen" von Kindern durchsetzen wollte. Schon damals sei eine technisch untaugliche Lösung als alternativlos dargestellt worden, die primär eine Zensurinfrastruktur geschaffen hätte. Ähnliche Muster erkennt Kastl in der aktuellen Debatte. Befürworter:innen würden gezielt Emotionen schüren, um das sogenannte Client-Side-Scanning durchzusetzen, eine Technik, die private Kommunikation massenhaft durchleuchten und die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aushebeln würde. Sie zitiert die breite Front der Gegner:innen – von IT-Expert:innen über Jurist:innen bis hin zu Kinderschutzorganisationen –, die sachlich vor den gravierenden Folgen warnen. Kastl kritisiert, dass Politiker:innen wie von der Leyen oder Ylva Johansson aus einem Mangel an digitalpolitischer Kompetenz heraus handeln. Sie schließt mit der Feststellung: "Es wirkt gerade so, als würde eine kleine politische Gruppe gegen alle Rationalität und wider besseren Wissens das mühsam aufgebaute Gebäude unserer freiheitlich-demokratischen Grundrechte stürmen und in Brand setzen wollen." ## Einordnung Der Newsletter nutzt ein starkes Framing von **Rationalität versus Emotionalität**. Befürworter:innen der Chatkontrolle werden als irrationaler Mob dargestellt, die Gegner:innen als sachliche Expert:innen. Diese Zuspitzung ist rhetorisch wirksam, vertritt aber eine klar einseitige Perspektive der digitalen Zivilgesellschaft und blendet die Motive der Gegenseite weitgehend aus. Die zentrale Annahme ist der Vorrang der digitalen Privatsphäre vor als unverhältnismäßig kritisierten Überwachungsmethoden. Gestärkt wird die Position von Digitalrechtsorganisationen, während Politiker:innen pauschal als inkompetent dargestellt werden. Der Text bettet die Debatte in den größeren Kontext des Grundrechtsschutzes ein. Er ist **lesenswert für alle**, die die Argumente der kritischen Zivilgesellschaft gegen Überwachungsmaßnahmen nachvollziehen wollen. Wer eine ausgewogene Darstellung erwartet, findet hier eine bewusst parteiische, aber argumentativ schlüssige Analyse. Länge des Newsletters: 10780