In dieser Retail Media-Spezialfolge sprechen Max Rottenaicher (wieCommerce?) mit Miguel Strobel (Gründer von watersky digital) über datengetriebene Händler-Bewertung, Retail-Media-Strategien und Marktentwicklung. Die beiden diskutieren, wie mittels Algorithmen die tatsächliche Relevanz einzelner Online-Marktplätze für Brands quantifiziert und in Verhandlungen genutzt werden kann. Miguel berichtet von einem Premium-Electronics-Hersteller, der nach einer Segmentierungsanalyse 10 % seiner Retailer aussortierte und dabei Umsatz um 15 % sowie Marge um 2,25 % steigerte. Weitere Kernthemen: mangelnde Standardisierung von Retail-Media-Reporting, Notwendigkeit von „no data, no budget“-Ansätzen, regionale Unterschiede (z. B. Brand-Shop-Bedarf in Asien), Zukunftstrends wie KI- und Entertainment-Commerce sowie die zunehmende Diversifizierung weg von Amazon-Abhängigkeit. ### 1. Daten statt Bauchgefühl: objektive Händler-Bewertung Miguel Strobels Team habe einen Algorithmus entwickelt, der bis zu 800 Datenpunkte pro Retailer auswerte und daraus eine „Total Retailer Attractiveness“-Kennzahl ableite. Diese solle Verhandlungen mit Retailern substanziell erleichtern, da sie „objektiv die Wichtigkeit jedes einzelnen Players im Markt“ erfasse. ### 2. Weniger Retailer, mehr Ertrag: konkreter Kunden-Case Ein Premium-Electronics-Unternehmen habe nach einer Segmentierungsanalyse „knapp 10 % des internationalen Kundenstamms rausgeschmissen“ und dadurch „Umsätze um 15 %“ sowie „Marge 2,25 %“ gesteigert. Dies zeige, wie systematische Priorisierung ineffizienter Partner schnell zu messbaren Erfolgen führe. ### 3. Retail Media als „alter Wein in neuen Schläuchen“ Viele Retailer würden klassische Werbeplätze lediglich als Retail Media neu verpacken, ohne Self-Service oder verlässliches Reporting. Miguel kritisiert: „Die Reporting Standards der meisten Retail Media Angebote sind absolut lachhaft.“ ### 4. Forderung nach „no data, no budget“ Es brauche eine stärkere Haltung seitens Brands: „Wenn du mir diese Daten nicht geben kannst, dann kann ich mich intern nicht legitimieren für mein Investment, tut mir leid, dann geht das Investment zurück ins Media.“ ### 5. Künftige Spielregeln: KI- und Entertainment-Commerce Miguel erwartet eine „massive Professionalisierung“ von Retail Media und zwei disruptive Trends: KI-Commerce (z. B. Perplexity Pro) sowie Entertainment-Commerce (Temu, TikTok Shop), die das klassische Amazon-Modell in Frage stellen könnten. ## Einordnung Die Episode bietet einen tiefen Einblick in die Praxis von Retail-Media-Strategien und datenbasierter Händlerbewertung. Die Gesprächsführung ist locker, aber fokussiert; Max Rottenaicher stellt gezielte Nachfragen und lässt Miguel Strobel ausführlich zu Wort kommen. Auffällig ist die klare Positionierung gegenüber mangelhaftem Reporting und die Forderung nach mehr Transparenz – ein Appell, der über die Branchen-Blase hinaus relevant ist. Kritisch betrachtet bleibt jedoch, dass die beispielhaften Erfolge (15 % Umsatzplus) nicht unabhängig verifiziert werden und die Diskussion stark auf Großkonzerne und Amazon-Ökosysteme fokussiert ist. Kleinere Brands oder alternative Geschäftsmodelle kommen kaum vor. Dennoch liefert die Folge wertvolle Denkanstöße für Marketer:innen und E-Commerce-Verantwortliche, die ihre Retail-Media-Budgets effizienter steuern wollen. Hörempfehlung: Wer strategisch tiefer in Retail Media einsteigen möchte, erhält hier praxisnahe Impulse und klare Handlungsanweisungen – trotz leichser Überbetonung einzelner Erfolgsmeldungen.