Byline Podcast: PPE, The Pandemic and Cronyism with Russell Scott
Podcast enthüllt systematische Vergabefreunde in der britischen Pandemiepolitik und fragt, warum Steuerzahler:innen für Milliarden an untauglicher Schutzausrüstung aufkommen mussten.
Byline Podcast
18 min read1768 min audioAdrian Goldberg spricht mit dem Investigativjournalisten Russell Scott über dessen Buch "VIP Lane – Cronysim and the Pandemic". Scott deckt auf, wie während der COVID-Pandemie britische Konservative über ein geheimes "VIP-Lane"-System Aufträge für Schutzausrüstung (PPE) und Test-&-Trace-Dienstleistungen an Parteifreunde:innen und Spender:innen vergeben haben sollen. Mehr als die Hälfte der 52 bevorzugten Firmen habe laut Dokumenten Verbindungen zur Tory-Party; sie erhielten ohne Ausschreibung Aufträge im Wert von rund fünf Milliarden Pfund. Etwa die Hälfte habe untaugliche Ware geliefert, unter anderem die mit Peeress Michelle Mone verbundene Firma PPE Medpro. Großbritannien habe mit 13 Milliarden Pfund mehr als dreimal so viel für PPE ausgegeben wie Deutschland, Frankreich oder Italien und schließlich Ausrüstung im Wert von 8,6 Milliarden Pfund verbrannt, weil sie unbrauchbar war. Ein zweiter, ebenfalls zunächst leugneter "VIP-Lane"-Kanal habe Test-&-Trace-Aufträge vergeben; der Nationale Rechnungshof beziffere dessen Verschwendung auf 37 Milliarden Pfund. Etablierte Lieferanten:innen wie der Marktführer Arco seien ignoriert worden, während neu gegründete Vermittlerfirmen Millionengewinne erzielten.
### Britische Regierung habe geheime "VIP-Lane" für Aufträge eingerichtet
Russell Scott erklärt, interne Regierungsunterlagen, die 2020 an die Öffentlichkeit gelangten, zeigten eindeutige Flussdiagramme: "Es gab tatsächlich eine VIP-Lane, eingerichtet, um Angebote, die über Abgeordnete, Politiker oder Peers kamen, zu beschleunigen und Prioritätsbehandlung zu erhalten."
### Mehrheit der bevorzugten Firmen an Konservative Partei angebunden
Laut Scott belegten später veröffentlichte Listen 52 Firmen; "mehr als die Hälfte dieser Unternehmen wurde von Personen empfohlen, die mit der Tory-Partei verbunden sind - über Tory-MPs, -minister oder -peers."
### Große Teile der beschafften Schutzausrüstung angeblich unbrauchbar
Scott zufolge lieferte etwa die Hälfte der VIP-Lane-Firmen PPE, "das als ungeeignet für das NHS befunden wurde", obwohl die Unternehmen ohne formale Ausschreibung Milliardenaufträge erhielten.
### Milliardenverlust durch Verbrennung überschüssiger oder minderwertiger Ware
Das Vereinigte Königreich habe Ausrüstung im Wert von 8,6 Milliarden Pfund verbrannt: "Wenn man eine Million Paletten nebeneinanderlegt, würden sie literally von Land's End bis John O'Groats reichen", rechnet Scott vor, und kostbare NHS-Ressourcen seien blockiert worden.
### Etablierte Lieferanten:innen angeblich übergangen
Der langjährige Marktführer Arco habe trotz mehrfacher Anfrage keine zentrale Antwort erhalten: "Was ist los, wenn VIP-Firmen, die gerade erst gegründet wurden und keine Erfahrung im PPE-Bereich haben, Milliarden erhalten, während der größte PPE-Lieferant des Landes ignoriert wird?"
### Zweiter geheimer Kanal habe Test-&-Trace-Aufträge vergeben
Ein zweiter VIP-Lane-Kanal habe auch Test-&-Trace-Kontrakte bedient; Scott: "Die Regierung leugnete zunächst die Existenz dieser VIP-Lane explizit."
## Einordnung
Der Podcast folgt einem klassischen investigativ-journalistischen Muster: Moderator Adrian Goldberg lässt seinen Gast weitgehend ungebrochen ausführlich antworten, stützt sich dabei aber auf verifizierte Dokumente, Gerichtsurteile und Zahlen des National Audit Office. Die Argumentationsstruktur ist stringent: Zunächst wird das systematische Aushebeln von Vergaberechten belegt, anschließend der Nutzen für politisch Verbundene und schließlich die ökonomischen Konsequenzen für Steuerzahler:innen herausgearbeitet. Besonders ins Auge fallen die dichte Faktenlage (z.B. 13 Mrd. £ vs. 3 Mrd. £ in anderen EU-Ländern) und die wiederholte Rückfrage, warum zentrale Protagonisten:innen jahrelang die Existenz der VIP-Lanes bestritten. Kritisch bleibt, dass nur eine Perspektive vorgelegt wird; Vertreter:innen der damaligen Regierung oder zivilgesellschaftliche Gegenstimmen fehlen vollständig. Dennoch wirkt die Sendung wegen vielfacher Quellenangaben und Gerichtsentscheidungen glaubwürdig. Die Aufdeckung eines möglichen systematischen clientelistischen Netzwerks in Krisenzeiten wirft berechtigte Fragen über Kontrollmechanismen in außerparlamentarischen Notstandssituationen auf.