Die Filmanalyse: Ep. 225: Darf man noch über DIE NACKTE KANONE lachen?
Eine ideologiekritische Neubewertung der Klamauk-Trilogie im Kontext der Trump-Ära und gesellschaftlicher Normverschiebungen.
Die Filmanalyse
25 min read1720 min audioWolfgang M. Schmitt analysiert die "Die nackte Kanone"-Trilogie (1988-1994) mit Leslie Nielsen im Kontext der heutigen Zeit und stellt fest, dass der Film heute seine "Unschuld verloren" habe. Frank Trebins chaotisches Verhalten erinnere stark an Donald Trump - beide kämen "mit allem durch" und würden durch permanente Grenzüberschreitungen ein "New Normal" etablieren.
### Trumpsche Züge bereits in den 1980ern angelegt
Schmitt argumentiert, die Wirklichkeit habe die Fiktion längst "eingeholt bzw. überholt". Trebins "sinnentleertes Sprechen" - etwa wenn er vier Sportarten in eine Metapher presst - erinnere an Trumps wirre Rhetorik. Auch Trebins "unangebrachte Komplimente" ähnelten Trumps Verhalten gegenüber Brigitte Macron. Der Analyst sieht in der Trilogie eine Ironisierung der westlichen Außenpolitik zu einem Zeitpunkt, als sich diese "vollkommen sicher" war, "schon gewonnen" zu haben.
### Law-and-Order-Politik unter dem Deckmantel des Humors
Trotz des Klamauks stecke in den Filmen "keinerlei Polizeikritik", so Schmitt. Trebin repräsentiere eine "aggressive Law-and-Order-Politik" - er habe "aus Versehen fünf Schauspieler" erschossen und werde für den "tausendsten" getöteten Drogenhändler ins Weiße Haus eingeladen. Der Humor normalisiere diese Politik: "Durch den Humor, durch all diese klamaukigen Einlagen, erfolgt nun eigentlich eine Normalisierung der Law-and-Order-Politik."
### Gesellschaftliche Konventionen im Wandel
Mit dem Begriff "Normalismus" des Diskurstheoretikers Jürgen Link erklärt Schmitt, wie sich gesellschaftliche Normalität verschiebt. Die Filme funktionierten nur, weil damals noch "formale Höflichkeit" und "gesellschaftliche Konventionen" existierten. Trebins Grenzüberschreitungen dienten nicht nur der Sprengung, sondern auch der "Vermessung und Manifestierung" von Normalität.
### Massenmedien als Normalisierungsinstument
Schmitt stellt die kritische Frage, ob nicht "genau solche Filme Figuren wie Trump hervorgebracht haben" und eine "Gewöhnung" an transgressive Haltungen bewirkt hätten. Die Massenmedien seien ein "wichtiges Instrument", um Normalität zu produzieren.
### Flexible versus rigide Normalität
Der Analyst erkennt ein "Tauziehen" zwischen flexiblem und "protonormalistischem" Normalismus. Während einige Bereiche flexibler würden, gebe es bei Frank "permanente Angst vor Homosexualität" und klare Abgrenzungen gegen Trans-Personen. Dies führe zu gesellschaftlicher Spaltung und "Denormalisierungspanik".
## Einordnung
Schmitts ideologiekritische Analyse zeigt exemplarisch, wie sich Popkultur im Nachhinein neu lesen lässt. Seine zentrale These - dass die Trump-Ära den vermeintlich harmlosen Klamauk als Vorwegnahme autoritärer Politik entlarvt - ist durchaus plausibel, auch wenn sie etwas deterministisch wirkt. Problematisch ist jedoch Schmitts unkritische Übernahme von Trumps Selbstinszenierung als "Grenzüberschreiter". Die Analyse reproduziert damit paradoxerweise genau jenes "New Normal"-Narrativ, das sie kritisieren will.
Methodisch überzeugt Schmitts Verwendung von Jürgen Links "Normalismus"-Begriff, um die Dynamik gesellschaftlicher Normverschiebungen zu erklären. Seine Beobachtung, dass Massenmedien bei der Normalisierung problematischer Verhaltensweisen eine Rolle spielen, ist berechtigt. Allerdings bleibt seine Analyse weitgehend spekulativ - konkrete Belege für kausale Zusammenhänge zwischen der Filmreihe und politischen Entwicklungen fehlen. Die Gefahr einer rückprojizierenden Überinterpretation ist evident, wenn jeder Wortwitz als Vorankündigung des Trumpismus gedeutet wird. Dennoch liefert die Analyse wertvolle Einsichten darüber, wie sich Unterhaltungsformate und politische Realität wechselseitig beeinflussen können.