Der 404-Media-Podcast behandelt in dieser Folge zwei Hauptthemen: den massiven Datenleck bei der Dating-Safety-App "Tea" und die Auswirkungen des neuen britischen Online-Safety-Gesetzes. Bei Tea seien laut Reporter:innen erstmals Selfies und Ausweise von Zehntausenden Nutzerinnen über eine offene Firebase-Datenbank abgerufen und auf 4chan verbreitet worden. Ein zweiter Vorfall habe zusätzlich über eine Million private Direktnachrichten – darunter sensible Details über Abtreibungen und Untreue – freigegeben. Die App-Betreiber:innen hätten trotz frühzeitiger Benachrichtigung erst nach Veröffentlichung reagiert. Im zweiten Teil diskutieren die Journalist:innen, wie die britische Altersverifizierungspflicht nicht nur Pornoseiten, sondern auch Nachrichten-Subreddits wie r/IsraelCrimes oder r/UkraineWarFootage betreffe. Nutzer:innen müssten dafür Selfies oder Ausweise an Drittanbieter wie Persona übermitteln – ein Vorgang, der laut Redaktion Zensur und Datenschutzrisiken bergen könne. Die Sprecher:innen werfen konservativen Lobbygruppen vor, diese Gesetze zu instrumentalisieren, um legalen Content zu verbannen. ### Tea-Datenleck: Zehntausende Ausweise und Selfies offen zugänglich Laut Reporter:innen sei die Dating-Safety-App Tea durch eine unsichere Firebase-Konfiguration komplett offen gestanden. Ein:e Anrufer:in habe ihnen am Freitagmorgen mitgeteilt, dass auf 4chan bereits Links und Skripte zur Massen-Download kursierten. Ein:e weitere:n Forscher:in habe anschließend entdeckt, dass jede API-Key-Inhaber:in das Haupt-DM-System abfragen könne. Die Redaktion habe die Datenbestände heruntergeladen und mit eigenen Accounts verifiziert, dass die Nutzernamen bereits belegt seien. Trotz Kontaktaufnahme am Samstag habe Tea erst nach Veröffentlichung am Montag reagiert und die Direktnachrichten-Funktion deaktiviert. ### UK Age Verification: Reddit-Subreddits hinter Ausweis-Wall Seit Inkrafttreten des Online Safety Act müssten UK-Nutzer:innen auf Reddit für Subreddits wie r/IsraelCrimes oder r/UkraineWarFootage ein Selfie oder Ausweis an den Dienst Persona übermitteln. Die Redaktion kritisiert, dass damit nicht nur Pornografie, sondern auch politische Dokumentationen von Kriegsverbrechen für Erwachsene erschwert würden. Die Daten würden sieben Tage gespeichert – ein Risiko, da bereits im gleichen Podcast über das Tea-Leck berichtet wurde. VPN-Nutzung steige entsprechend. ### Druck durch Kreditkartenfirmen und religiöse Lobby Die Sprecher:innen berichten, dass Kreditkartenanbieter zuletzt Plattformen wie Steam und Itch.io dazu genötigt hätten, Sex-Spiele zu entfernen. Dahinter stünden religiöse Gruppen wie Exodus Cry, die laut Redaktion "alle Pornografie als Menschenhandel" definierten und konservative Politiker:innen mit "Save the Children"-Gesetzen beeinflussten. Die Journalist:innen betonen, dass sie selbst jahrelang über Missstände bei Pornhub berichtet hätten, nun aber erleben müssten, dass ihre Berichterstattung von konservativen Kreisen für flächendeckende Zensur missbraucht werde. ### Logische Brüche und Datenschutzrisiken Die Redaktion moniert, dass die Gesetze weder Kinder schützten noch die Probleme lösten: Studien zeigten, dass Jugendliche einfach VPNs nutzten und stattdessen auf unsichere, piratenverseuchte Seiten ausweichen würden. Gleichzeitig würden Erwachsene anonymer Zugang zu legalen Inhalten verwehrt. Die zentralen Forderungen nach besserer Medienkompetenz und elterlicher Aufsicht würden ignoriert. ## Einordnung Die 404-Media-Journalist:innen liefern eine investigative, technisch fundierte Aufarbeitung zweier brisanter Themen. Ihre Berichterstattung über das Tea-Datenleck überzeugt durch sorgfältige Verifizierung: Sie nutzen mehrere Quellen, prüfen Datenbestände eigenhändig und kontaktieren Betroffene. Die Einordnung der UK-Altersverifizierung bleibt ebenfalls faktenbasiert, verweist auf Studien und konkrete Nutzerverhalten. Kritikwürdig ist jedoch, dass die Sprecher:innen konservative und religiöse Akteure pauschal als „heilsversprechende“ Lobbygruppen diffamieren, ohne differenziert zwischen legitimen Kinderschutzinitiativen und radikalen Strömungen zu trennen. Die wiederholte Betonung, dass ihre eigene Pornhub-Berichterstattung missbraucht werde, wirkt selbstreferenziell. Dennoch leisten sie wertvolle Aufklärungsarbeit, indem sie aufzeigen, wie Datenschutzrisiken und Zensurmechanismen ineinandergreifen. Die Episode liefert keine Rechts- oder Verschwörungsideologie, sondern eine technisch versierte Analyse mit klarer Haltung für digitale Grundrechte.