Breitband: Tracking am Handgelenk: Was passiert mit den Daten aus unseren Wearables?
Die aktuelle Breitband-Folge erklärt, warum unsere Fitness-Daten in US-Clouds landen, wissenschaftliche Literatur plötzlich gesperrt wird und geliebte Videospiele einfach verschwinden.
Breitband
50 min read2684 min audioIn der aktuellen Breitband-Folge diskutieren Martin Böttcher, Clara Hoheisel und Hagen Terschüren drei zentrale Themen der digitalen Gegenwart: die Datensammelwut von Fitness-Trackern und Wearables, die jüngste DNS-Sperre gegen Schattenbibliotheken sowie die Kampagne "Stop Killing Games", die sich für den Erhalt von Videospielen einsetzt, nachdem Publisher Server abschalten und damit Käufe wertlos machen.
### 1. Wearables erfassen laut Clara Hoheisel nicht nur Schritte, sondern auch Herzfrequenz, Schlafprofile und bald sogar Antioxidantien-Status – alles Daten, die auf Servern in den USA landen könnten. „Fast immer landen die Daten automatisch beim Hersteller.“
### 2. Die Brüsseler Sperre trifft laut Heinz Pampel nicht nur illegale Schattenbibliotheken wie LibGen, sondern auch die legale Open Library des Internet Archives, obwohl diese nur im US-amerikanischen Fair-Use-Modell arbeitet. „Diese Differenzierung wurde im Urteil aufgelöst – das ist sehr problematisch.“
### 3. Die Initiative "Stop Killing Games" sammelte über eine Million EU-Unterschriften. Sie fordert, dass Publisher vor dem endgültigen Offline-Nehmen von Spielen den Kopierschutz entfernen oder die Server-Software freigeben, damit Communities eigene Server betreiben können. „Wenn ihr das eh nicht mehr verkauft, dann verdient ihr ja kein Geld mehr damit.“
### 4. Hagen Terschüren zeigt, dass moderne Spiele durch Online-Kopierschutz und Server-Abhängigkeit nach dem Kauf vom Publisher fernsteuerbar sind – ein Paradigmenwechsel gegenüber physischen Medien. „Ich kann die Bücher aus dem Regal nehmen und lesen, bei modernen Spielen geht das nicht mehr.“
### 5. Die ursprüngliche Idee des Urheberrechts – Kreativschaffende zu schützen – wird laut Diskussion von Großkonzernen wie Disney unterwandert, die Fristen immer wieder verlängern. „Als hätten die nicht schon längst ihr Geld zurückgemacht.“
### 6. Krankenkassen nutzen Fitness-Daten für Bonusprogramme. Wer sich nicht tracken lässt, zahlt indirekt drauf – eine Preiserhöhung für Datensparsame. „Effektiv ist das eine Preiserhöhung für die, die das nicht tun.“
## Einordnung
Breitband präsentiert sich als klassisches Wissenschaftsformat des Deutschlandfunks: klar strukturiert, mit Expert:innen und journalistischer Recherche. Die Moderator:innen stellen kritische Nachfragen, lassen Gegenpositionen zu Wort kommen und vermeiden simple Schwarz-Weiß-Malerei. Besonders bemerkenswert ist, wie das Team technische, rechtliche und gesellschaftliche Dimensionen verzahnt: vom Datenschutz bis zur Kulturpolitik. Die Diskussion um Urheberrecht und Kultureigentum wird dabei nicht ideologisch aufgeladen, sondern historisch kontextualisiert – von der Aufklärung bis zu Streaming-Plattformen. Dennoch bleibt eine strukturelle Perspektive aus: Die Frage, warum öffentlich finanzierte Forschung überhaupt hinter Bezahlschranken verschwindet, wird nur angerissen. Die Sendung bleibt auf der Ebene der Symptome und vermeidet es, die wissenschaftliche Publikationsindustrie als Profitinteresse zu hinterfragen. Für Hörer:innen, die sich für digitale Grundrechte und Kulturentwicklung interessieren, ist die Folge dennoch eine klare Empfehlung – mit dem Komfort eines professionell produzierten Formats und der Tiefe eines öffentlich-rechtlichen Angebots.