Kontext: Diese Episode des isländischen Kulturpodcasts „Þáttur fyrir áhugafólk um listir og menningu“ (zu Deutsch: „Sendung für Kunst- und Kulturinteressierte“) erscheint montags und wird von Halla Harðardóttir moderiert. Das Format versteht sich als Unterhaltungsangebot für ein breites Publikum und behandelt aktuelle kulturelle Themen aus Musik, Theater und visueller Kunst. Hauptsprecher:innen: Halla Harðardóttir (Moderation), Hera Guðlaugsdóttir (Meteorologin), Katla Ársælsdóttir (Theaterkritik), Ólöf Arnalds (Musikerin) Hauptthema: Die Sendung präsentiert drei kulturelle Schwerpunkte: eine Ausstellung über historische Wetterdaten in Stykkishólm, das Theaterstück „Skammarþríhyrningur“ (zu Deutsch: „Schande-Dreieck“) des Kollektivs Stertabenda und das neue Album „Spíra“ (zu Deutsch: „Spirale“) der Musikerin Ólöf Arnalds. ### 1. Historische Wetterdaten als künstlerischer Impuls Die seit 1852 in Stykkishólm erfassten Wetterdaten gelten als eine der ältesten kontinuierlichen Messreihen Europas. Die Organisatorin Hera Guðlaugsdóttir erklärt, Künstler:innen hätten diese Daten für Ausstellungen und ein Symposium genutzt, „um die Gesellschaft für den Klimawandel zu sensibilisieren, ohne weitere Diagramme zu zeigen“. Die Kombination von Wissenschaft und Kunst solle „Gefühle wecken“ und das Thema Klimawandel zugänglicher machen. ### 2. Theaterstück parodiert „Anti-Woke“-Rhetorik Das Stück „Skammarþríhyrningur“ inszeniert eine fiktive Ausstellung im Jahr 2030, in der der „Woke-Virus“ als vermeintliche Bedrohung für Island dargestellt wird. Die Kritikerin Katla Ársælsdóttir beschreibt, wie das Ensemble „schädliche Vorstellungen über queere Menschen“ durch „übertriebene und kaltschnäuzige Parodien“ entlarve. Die Aufführung nutze Camp-Ästhetik, um „enger gefasste gesellschaftliche Normen“ zu durchbrechen. ### 3. Ólöf Arnalds über spirituelle Leere nach Religionsaustritt Die Musikerin Ólöf Arnalds erzählt, ihr neues Lied „Tá í morgunsárið“ (zu Deutsch: „Tränen am Morgen“) behandele „Leere nach dem Verlassen der katholischen Kirche“ und die „Wiedergewinnung des emotionalen Körpers“. Sie habe die Kirche mit 16 oder 17 Jahren verlassen, weil „vieles nicht in Ordnung war“. Die Texte des Albums „Spíra“ behandelten „Beziehungen zwischen Menschen“ und seien durchweg auf Isländisch verfasst. ### 4. Zehn Jahre Album-Pause als kreative Neuorientierung Ólöf Arnalds erklärt, die zehnjährige Pause zwischen ihren Alben habe sie genutzt, um „aufzuhören, sich selbst zu zerreißen“. Während dieser Zeit habe sie das Musiklabel Mengi gegründet, als Text- und Ideenschreiberin gearbeitet und sich „auf eine sicherere Existenz“ konzentriert. Die neue Platte erscheine im Dezember beim britischen Label Bella Union. ## Einordnung Die Sendung nutzt das klassische Unterhaltungsformat, um kulturelle Themen aufzuarbeiten. Besonders bemerkenswert ist der selbstbewusste Umgang mit gesellschaftlich brisanten Themen: Die Wissenschaftlerin Hera Guðlaugsdóttir fordert explizit, beim Klimaschutz „nicht mehr Diagramme“ sondern „Gefühle“ zu adressieren – ein populärwissenschaftlicher Ansatz, der auf Emotionalität setzt statt auf faktenbasierte Aufklärung. Die Theaterkritik von Katla Ársælsdóttir thematisiert geschickt, wie das Stück „Skammarþríhyrningur“ rechtspopulistische „Anti-Woke“-Rhetorik parodiert und dabei „Camp-Ästhetik“ nutzt, um „enger gefasste gesellschaftliche Normen“ zu durchbrechen. Der Fokus auf queere Identitäten und deren Diskriminierung bleibt dabei oberflächlich, da keine Expert:innen aus der Community zu Wort kommen. Die Moderation bleibt unkritisch und übernimmt die Formulierungen der Kritik ohne Nachfragen. Der dritte Teil mit Ólöf Arnalds fokussiert auf persönliche Erfahrungen und klingt wie ein Promointerview für ihre neue Platte. Die Sendung bleibt dabei in ihrer Unterhaltungsfunktion, ohne journalistische Gegenfragen oder strukturierte Analyse der behandelten Themen. Die Vermischung von Wissenschaft, Kunst und persönlichen Anekdoten wirkt willkürlich, da keine inhaltliche Verbindung zwischen den Beiträgen hergestellt wird.