netzpolitik.org: Tests zur Volkszählung: Bund will Zugriff auf sensible Bildungs- und Arbeitsmarktdaten
Eine Gesetzesänderung zur Volkszählung könnte dem Staat "massive informationelle Macht" über seine Bürger:innen geben, warnen Expert:innen.
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12 min readDer Newsletter von netzpolitik.org analysiert das Registerzensus-Erprobungsgesetz (RegZensErpG), das die Volkszählung in Deutschland grundlegend verändern soll. Statt direkter Befragungen plant die Bundesregierung, künftig Daten aus verschiedenen Verwaltungsregistern zusammenzuführen. Das Statistische Bundesamt (StBA) testet dafür bereits Verfahren und darf dabei auf personenbezogene Echtdaten zugreifen. Ein neuer Gesetzesentwurf soll diesen Zugriff auf Daten aus den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt ausweiten.
Der Artikel bündelt die Kritik von Datenschutzexpert:innen an diesem Vorgehen. Ein zentraler Punkt ist die Verwendung von Echtdaten für die Tests. Der Jurist Christian Aretz argumentiert, „ein Test impliziert immer, dass er auch fehlschlagen kann“, weshalb der Einsatz echter Personendaten ein unnötiges Risiko darstelle. Zudem wird die zentrale Zusammenführung der Daten beim StBA, verknüpft über die Steuer-ID, als Schaffung eines verfassungsrechtlich bedenklichen Zentralregisters kritisiert.
Die Sachverständige Kirsten Bock warnt, es entstehe eine „massive informationelle Macht von Staat und Verwaltung“, die missbraucht werden könne. Unklare und lange Löschfristen von bis zu drei Jahren für verknüpfende Hilfsmerkmale würden zudem gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit verstoßen. Die zitierten Expert:innen sehen in dem Vorgehen eine Aushöhlung der informationellen Selbstbestimmung und des Prinzips der getrennten Datenhaltung.
Länge des Newsletters: 11519
## Einordnung
Der Artikel vertritt eine klar datenschutzkritische Perspektive, die der Mission von netzpolitik.org entspricht. Die Argumentation stützt sich selektiv auf Stimmen von Datenschutzexpert:innen, während die staatliche Perspektive nur oberflächlich dargestellt wird. Dies stärkt das Framing eines schleichenden staatlichen Machtausbaus. Die implizite Annahme ist, dass die zentrale Sammlung von Bürger:innendaten durch den Staat eine grundsätzliche Gefahr für die Demokratie darstellt.
Die potenziellen Vorteile eines registerbasierten Zensus, wie Effizienz oder eine bessere Datengrundlage, werden nicht erörtert. Das Narrativ konzentriert sich ausschließlich auf die Risiken, was die Darstellung einseitig macht. Die argumentative Schwäche liegt somit in der Ausblendung von Gegenargumenten.
Der Newsletter ist gesellschaftlich hochrelevant, da er einen fundamentalen Wandel im Verhältnis zwischen Staat und Bürger:innen beleuchtet. Er ist lesenswert für alle, die sich für die Digitalisierung der Verwaltung und Datenschutz interessieren und eine fundierte, kritische Analyse eines komplexen Gesetzesvorhabens suchen.