Studio Ett: Studio Ett 2025-08-28 kl. 22.12
Live-Politiktalk über Schwedens milliardenschwere Budgetpläne und die Frage, ob neue Schulden die Wirtschaft retten oder die Wähler:innen beeinflussen sollen.
Studio Ett
17 min read4950 min audioDie schwedische Regierung plant laut Finanzministerin Elisabeth Svantesson eine expansive Haushaltspolitik mit 80 Milliarden Kronen an neuen Maßnahmen, um die von ihr als "inlandsbedingt" bezeichnete Rezession zu überwinden. Die Opposition um Mikael Damberg wirft der Koalition vor, drei Jahre vertan zu haben und die Mittelschicht zu vernachlässigen. Beide Seiten streiten über die Finanzierung: Svantesson spricht sich für gezielte Kredite aus, Damberg kritisiert fehlende Transparenz und eine verfehlte Verteilungspolitik. Kommentator Fredrik Furtenbach wertet die Strategie als Wahlmanöver, das die Wirtschaft nicht rechtzeitig stärken werde.
### 1. Rezession als hausgemachtes Problem
Svantesson erklärt die schwedische Rezession primär als Folge mangelnder Binnennachfrage: "i Sverige så är den inhemska efterfrågan som orsakar lågkonjunkturen". Die externen Schocks wie Trumps Zölle seien lediglich zusätzliche Belastungen.
### 2. 80 Milliarden ohne detaillierte Kataloge
Die Regierung kündigt 80 Milliarden Kronen an neuen Ausgaben an, ohne konkrete Maßnahmen zu benennen. Svantesson bleibt vage: "vi kommer göra satsningar som som ni säger på hushåll, på familjer, på hårt arbetande människor".
### 3. Schulden als konjunkturpolitisches Werkzeug
Svantesson bejaht explizit neue Kreditaufnahmen: "vi kommer att ha ett underskott nästa år" und rechtfertigt dies mit der Notwendigkeit, die Rezession zu durchbrechen. Damberg kontert: "då borde man väl säga om det blir underskott, om man ska låna igen".
### 4. Verteilungskonflikt zwischen Arbeitnehmern und Sozialleistungen
Damberg kritisiert eine systematische Bevorzugung hoher Einkommen: "regeringen har ju valt att flera gånger rikta skattesänkningar eh med precision för de människor som har absolut högst inkomster". Die Opposition fordert stattdessen Erhöhungen des Kindergelds und Investitionen in Wohnungsbau.
### 5. Wahlstrategie trotz wirtschaftlicher Realität
Furtenbach entlarvt die Budget als Teil einer Wahlstrategie: "plan B att nu ska åtminstone stämningsläget vara bättre när det är dags för val". Die tatsächliche wirtschaftliche Erholung werde jedoch ausbleiben.
## Einordnung
Die Sendung präsentiert sich als klassisches Polit-Talkformat mit klarem journalistischen Anspruch. Moderatorin Martha Enstam führt die Debatten souverän, lässt jedoch wesentliche Nachfragen offen - etwa zu konkreten Maßnahmenpaketen oder der langfristigen Tragfähigkeit der Schuldenaufnahme. Die Diskussion bleibt im Rahmen des etablierten Parteienspektrums, alternative wirtschaftspolitische Konzepte wie grüne Investitionen oder Vermögensumverteilung werden nicht thematisiert. Besonders bemerkenswert ist die Normalisierung von Haushaltsdefiziten als konjunkturpolitisches Mittel - eine Diskursverschiebung, die ohne kritische Begleitfragen bleibt. Die Perspektive prekar beschäftigter Menschen oder der Klimakrise als strukturellem Wachstumshemmnis fehlt vollständig.