OMR Podcast: Sollte man mit China Geschäfte machen, Martin Brudermüller? (#820)

Ex-BASF-Chef Brudermüller erklärt bei OMR, warum Deutschland gegen China verliert und Mercedes sich neu erfinden muss.

OMR Podcast
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In diesem OMR Podcast spricht Philipp Westermeyer mit Martin Brudermüller, der vom Chemiker zum BASF-Vorstandschef aufstieg und heute Aufsichtsratschef bei Mercedes-Benz ist. Das Gespräch behandelt chinesische Marktdominanz, notwendige Strukturreformen in Deutschland und Brudermüllers Übergang von der Chemie- in die Automobilbranche. ### China hätte in wichtigen Zukunftsmärkten bereits die Führung übernommen Brudermüller beschreibt China als dominierenden Akteur in Schlüsseltechnologien: "In den Bereichen Solar, Windenergie und Batterien haben die Chinesen bereits eine Marktführerschaft erreicht, die für Europa schwer einzuholen ist." Er sehe dies als Resultat strategischer Staatsplanung über Jahrzehnte hinweg. ### Deutschland müsse seine Bürokratie und Planungsverfahren radikal reformieren Als Haupthindernis für Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit identifiziert Brudermüller überbordende Verwaltung: "Wir brauchen eine Vollbremsung bei der Bürokratie und müssen Genehmigungsverfahren von Jahren auf Monate verkürzen." Dies betreffe alle Bereiche von Infrastruktur bis Unternehmensgründungen. ### Mercedes-Benz stehe vor einem fundamentalen Technologie- und Geschäftsmodellwandel Trotz fehlender Automotive-Vorerfahrung sehe Brudermüller seine Chemie-Expertise als Vorteil: "Die Elektromobilität ist letztendlich auch Chemie - Batterietechnologie, Materialwissenschaften, das sind Kernkompetenzen aus meiner bisherigen Laufbahn." Mercedes müsse sich vom traditionellen Maschinenbau zum Software-orientierten Mobilitätsanbieter entwickeln. ### Der Standort Deutschland verliere systematisch an Attraktivität für Investitionen Brudermüller warnt vor einer schleichenden Deindustrialisierung: "Wir sehen bereits, dass energieintensive Industrien ihre Produktion verlagern. Deutschland muss dringend gegensteuern, sonst wird es zum reinen Dienstleistungsstandort." Hohe Energiekosten und regulatorische Hürden würden Investoren abschrecken. ## Einordnung Das Gespräch folgt dem typischen OMR-Muster eines CEO-Interviews, bleibt dabei aber bemerkenswert oberflächlich. Westermeyer stellt zwar durchaus kritische Fragen zu Deutschlands Wettbewerbsproblemen, verzichtet aber auf tiefergehende Nachfragen zu konkreten Lösungsansätzen oder strukturellen Interessenkonflikten. Brudermüllers Perspektive dominiert vollständig - alternative Sichtweisen auf Chinas Aufstieg, etwa aus entwicklungspolitischer oder menschenrechtlicher Sicht, kommen nicht vor. Seine Forderungen nach Bürokratieabbau und schnelleren Genehmigungen werden nicht mit möglichen Zielkonflikten zu Umwelt- oder Arbeitnehmerschutz kontrastiert. Das Gespräch reproduziert weitgehend unkritisch die Standardnarrative deutscher Industriemanager: China als Bedrohung, Deutschland als überreguliert, Märkte als Lösung. Fehlende Perspektiven von Gewerkschaften, Umweltverbänden oder Verbraucherschützern machen das Interview zu einer einseitigen Darstellung komplexer wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Hörenswert für Einblicke in Managerdenken, aber als ausgewogene Analyse deutscher Strukturprobleme ungeeignet.