Byline Podcast: Inside The COP Climate Summit
Ein Filmemacher berichtet von seiner halb-undercover-Reise zur COP 29 in Dubai und zeigt, warum Klimagipfel oft wie „Messen für den Weltuntergang" wirken.
Byline Podcast
28 min read1691 min audioDer britische Filmemacher Josh Appignanesi erzählt, wie er die Klimakonferenz COP 29 in Dubai mit kleiner Kamera halb undercover begleitete. Er beschreibt die Stadt als klimaschädliches Wunderwerk aus Stahl, Glas und Klimaanlagen, in dem sogar der Sand importiert wird. Zwischen Koktail-Partys und Tech-Messen treffe er Banker, NGO-Vertreter:innen und Lobbyist:innen, die über Öl- und Fleischgeschäfte verhandeln. Die zentrale Bewegung des Films kommt von einer Guarani-Kaiowa-Frau, die von Mord an ihrem Volk berichtet. Appignanesi zeigt, wie die Konferenz zugleich Hoffnung schafft und scheitert: Die Emissionskurve steigt seit 30 Jahren trotz aller Abkommen. Die Diskussion bleibt oft in Wirtschaftslogik gefangen, Menschenrechte und indigene Perspektiven drohen zu verlöschen. Dennoch trifft er Expert:innen, die an konkreten Projekten für erneuerbare Energie und gerechte Finanzströme arbeiten. Das Fazit: Ohne Gipfel gäbe es keinen globalen Rahmen, mit ihnen kaum mehr als ein "Trade Fair for the Apocalypse".
### Tether werde für illegale Aktivitäten genutzt
Laut Appignanesi existiere eine ganze Industrie, die Klimakonferenzen als PR-Event nutze. Er zitiert einen NGO-Vertreter, der Frauen des globalen Südens als "assets" bezeichnete, um sie als Multiplikatorinnen für Klimaprojekte zu instrumentalisieren.
### Die Guarani-Kaiowa seien von Genozid und Ecocide betroffen
Die indigene Aktivistin berichte, dass in ihrer Heimat allein in der betreffenden Woche drei Menschen getötet und 34 verletzt worden seien. Sie spreche von Genozid, Ecocide und Epistemocide, weil "e ganze Kultur, ein ganzes Wissen und Sein" ausgelöscht werde.
### Dubai als perfekte Metapher für klimaschädliche Moderne
Dubai sei ein "simulacrum", ein "techno-utopisches Fantasy-Gebilde", komplett auf fossile Finanzierung und Klimaanlagen angewiesen. Selbst der Sand für Strände werde importiert, die Stadt wirke sauber und sicher, solange man in klimatisierten Shopping-Malls bleibe.
### Die CO2-Emissionskurve bleibe trotz aller COP-Abkommen steil
Appignanesi zeige eine Grafik mit einem "Hockey-Schläger": Emissionen stiegen seit COP 1 kontinuierlich. Die Konferenzen seien zwar "cancer and cure zugleich", doch ohne sie fehle eine globale Arena.
### Technologie biete echte Chance, wenn gerecht eingesetzt
Einigen Expert:innen zufolge verfüge die Menschheit erstmals über Technologien, um weitgehend erneuerbar zu wirtschaften. Die Herausforderung sei, Finanzmittel in den globalen Süden zu lenken und indigene Gemeinschaften als Landschaftswächter:innen anzuerkennen.
### Klimafolgen werden selbst in Dubai geleugt
Wenige Wochen vor und nach dem Gipfel habe es verheerende Flash-Fluts gegeben. Die Konferenzteilnehmer:innen hätten die Ereignisse kaum verknüpft, obwohl die Stadt selbst ein Opfer des Klimawandels sei.
## Einordnung
Der Podcast folgt dem Genre des persönlichen Reiseberichts: Moderator Adrian Goldberg lässt seinen Gast weitgehend unkommentiert erzählen. Das Format bietet viel Raum für subjektive Eindrücke, ironische Seitenhiebe und emotionale Schocks – journalistische Gegenfragen oder Faktenchecks bleiben aus. Die Erzählweise ist bewusst zweischneidig: Appignanesi inszeniert sich als „hypocritical“ Flugreisender, um westliche Konsumkritik zu entlarven. Die Gefahr liegt darin, dass komplexe Strukturen (Kolonialismus, Finanzmärkte, Klimagerechtigkeit) auf eine moralische Einzelhaftung reduziert werden. Die indigene Perspektive wird zwar sichtbar gemacht, aber nicht tiefer mit Expertise verknüpft; internationale Klimadiplomatie wird vor allem als elitärer Scherbenhaufen geschildert. Der Rezipient bekommt kein Differenzierungsangebot zwischen Klimaschutzinstrumenten, sondern ein Gefühl von alternativer Politik, das vor allem Emotionen transportiert. Für Hörer:innen, die sich für Klimagerechtigkeit interessieren, lohnt sich der Beitrag als Stimmungsbild; wer strukturierte Analyse oder Handlungsoptionen sucht, bleibt unterversorgt.