Der Jurist und Autor Volker Boehme-Nessler spricht im Podcast "Cicero Gesellschaft" über sein Buch "Angstpolitik" und warnt davor, die Corona-Pandemie als Gesellschaft unaufgearbeitet zu vergessen. Er sieht das Recht zunehmend als Waffe zur Einschüchterung von Bürger:innen, etwa durch überzogene Hausdurchsuchungen oder hohe Bußgelder für Kleinigkeiten. Die Politik habe während der Pandemie bewusst Angst geschürt, um Maßnahmen durchzusetzen – ein Vorgang, der sich fortsetze. Als Folge berichtet er von Vertrauensverlust in Staat und Medien, gesellschaftlicher Spaltung und „Traumata“ der Bevölkerung. Eine wirkliche Aufarbeitung, so seine Kernaussage, finde bislang kaum statt; Politiker:innen wie Merkel oder Lauterbach würden Fehler nicht eingestehen. Die Debatte über „Zitat-“ und „Kontaktschuld“ zeige, wie leicht Kritik mundtot gemacht werde. Vertrauen sei jedoch die Grundlage von Demokratie und Wohlstand, weshalb die Gesellschaft nur durch schonungslose Aufklärung wieder versöhnlich und handlungsfähig werde können. ### 1. Recht als Drohrhetorik Boehme-Nessler behauptet, das Recht werde zunehmend „als Mechanismus der Einschüchterung“ genutzt, etwa wenn wegen „Kinkerlitzchen“ Hausdurchsuchungen veranlasst würden. Das führe nicht zum Schutz, sondern zur Einschüchterung von Bürger:innen. > „Das Recht kann … auch ein ganz böses Instrument sein, um Menschen zu unterdrücken, um Menschen zu manipulieren, um Menschen einzuschüchtern.“ ### 2. Corona als Angstprojekt Die Politik habe die anfänglich berechtigte Angst vor dem Virus bewusst verstärkt, um Restriktionen und Bußgelder durchzusetzen. Statt Beruhigung habe es „eine Flut von Rechtsverordnungen … mit unglaublich hohen, unverhältnismäßigen Bußgeldern“ gegeben. > „Die Aufgabe der Politik wäre gewesen … gegen die Angst anzuarbeiten … Die Politik greift die Angst auf und verstärkt sie.“ ### 3. Gesellschaftliches Trauma Die Folgen seien nicht nur wirtschaftlicher Art; die Gesellschaft habe ein kollektives „Trauma“ erlitten und sich an Ausnahmezustände gewöhnt. Ohne Aufarbeitung bleibe eine „feindselige“ Stimmung, die sich auf neue Themen wie Klima oder Krieg übertrage. > „Wir sind eine andere Gesellschaft seit Corona als vorher … Traumata … kommen irgendwann wieder.“ ### 4. Vertrauensverlust als Zivilisationsfrage Umfragen zeigten stark sinkendes Vertrauen in Parlamente, Gerichte und Medien. Das Problem: „Dann beuge ich mich nicht mehr gerne den Mehrheitsentscheidungen“, was die Funktionsfähigkeit der Demokratie unterminiere. > „Vertrauen ist der Anfang von allem … wir werden bestimmte Dinge nicht mehr schaffen, wenn wir das nicht schaffen, wieder Vertrauen aufzubauen.“ ### 5. Aufarbeitung „von unten“ notwendig Eine politische Selbstreinigung hält Boehme-Nessler für unwahrscheinlich, weil Verantwortliche nichts eingestehen. Er erhofft sich Impulse aus der Zivilgesellschaft – Bürger:innen-Initiativen, Medienberichte, mögliche spätere Parlamentarische Untersuchungen, wenn Akteur:innen aus dem Amt sind. > „Meine Hoffnung ist, es muss von unten kommen … Es wird nicht von oben kommen.“ ## Einordnung Der Beitrag wirkt wie ein eintöniger Monolog: Der Interviewer hakt selten kritisch nach, stützt stattdessen mit Zitaten aus dem Buch nach oder liefert Bekenntnisse („ich stimme da völlig überein“). So entsteht eine bestätigende Gesprächs-Atmosphäre, in der unbewiesene oder stark vereinfachte Behauptungen („die meisten Maßnahmen waren unnötig“, „die Politik wollte Angst“) stehen bleiben. Faktenchecks, Gegenstimmen oder differenzierte juristische Einordnungen fehlen. Der Rechtsstaat wird pauschal als „Einschüchterungsstaat“ diffamiert, ohne belastbare Zahlen oder Rechtsgutachten zu zitieren; die Bundesregierung wird mit „Machiavelli“ gleichgesetzt. Personen wie Merkel oder Lauterbach werden diffamierend („Spitzen-Täter“) skizziert, ohne dass der Interviewer diese Sprache problematisiert. Dadurch verfestigt sich eine Opfer-Täter-Narrative, die Querdenker-Rhetorik bedient und Verschwörungsmythen (Beton-„Mauer“, „Cancel Culture“) bedient. Die Corona-Enquete-Kommission und parlamentarische Kontrollgremien werden pauschal als „Inszenierung“ abgetan. Fehlende Expertise aus Epidemiologie, Virologie oder Sozialpsychologie lässt wissenschaftliche Kritik an den dargestellten „Trauma-Thesen“ aus. Insgesamt dient der Podcast eher der Selbstinszenierung des Gastes als kritischem Journalismus. Hörwarnung: Wer eine ausgewogene juristische oder politikwissenschaftliche Analyse der Corona-Politik sucht, wird hier nicht fündig; die Episode verbreitet einschüchternde Rechts- und Politik-Klischees.