Die Episode "The New Global Possible" des Climate-Podcasts Outrage + Optimism diskutiert angesichts einer Reihe negativer Schlagzeilen – gescheiterte UN-Verhandlungen zum globalen Plastikvertrag, Rekordtemperaturen, zunehmende Populismuswelle – die Frage, ob und warum es trotzdem Gründe für Klimahoffnung gebe. Gast ist Ani Dasgupta, CEO des World Resources Institute und Autor des gleichnamigen Buches. Die Moderation übernehmen Christiana Figueres, Tom Rivett-Carnac und Paul Dickinson. ### 1. Gescheiterter Plastikvertrag: Wenige Öl-Staaten blockierten Produktionskontrolen Das Scheitern der Verhandlungen zum globalen Plastikvertrag bewertet Figueres als „Verbrechen“. Sie macht zwei Gründe aus: Erstens hätten einige wenige ölproduzierende Staaten – unterstützt von den USA – jede Regelung zur Begrenzung der Kunststoff-Produktion abgelehnt. Zweitens fehlten Abstimmungsregeln; hätte man abstimmen können, wäre die Mehrheit für ein stärkeres Abkommen gewesen. ### 2. Extreme Welle: Sommer 2025 bricht Hitze- und Feuerrekorde weltweit Die Moderatoren ziehen eine Bilanz des Sommers: Die Meeresoberflächentemperatur in Atlantik und Pazifik erreichte neue Höchstwerte, in Europa brannten mehr als eine Million Hektar, China erlebte die heißeste Monsun-Saison seit Aufzeichnungsbeginn. Die Botschaft: Das „rote Warnlicht“ blinke immer heller, doch Gesellschaft und Politik reagierten mit fataler Apathie. ### 3. „Ökonomische Transition“ statt reine Klimapolitik: Nur ganzheitliche Systemwechsel wirken Dasgupta argumentiert, das Pariser Abkommen habe vor zehn Jahren nicht nur Klimaziele, sondern den Startschuss für eine vollständige Wirtschaftstransition gegeben. Technologien seien bereit – von Strom bis Stahl –, doch entscheidend sei die „Orchestrierung“: Alle Akteure – Kommunen, Unternehmen, Bürger:innen – müssten zusammenwirken, damit Veränderung „sticky“, also dauerhaft werde. ### 4. Gerechtigkeit als Machtfaktor: Maßnahmen müssen sofort Vorteile für Menschen bringen Klimapolitik könne nur dann Mehrheiten gewinnen, wenn sie kurzfristig spürbare Vorteile biete. Beispiel Kentucky: Durch den Umstieg auf E-Bussen sparen Schulen Treibstoffkosten und können Lehrergehälter erhöhen; Eltern schätzen saubere Luft für ihre Kinder. Bangladesch investiert 10 % seines Haushalts in Anpassung, weil nach einem Zyklon mit über 100 000 Toten breite Bevölkerungsschichten persönliche Nutzen der Maßnahmen erfahren hatten. ### 5. Globale Spaltung: Während USA, Russland und Saudi-Arabien auf Öl setzen, steigen Schwellenländer aus Eigeninteresse auf Erneuerbare um Dasgupta zeichnet eine Welt der zwei Geschwindigkeiten: Die großen Öl-Reservenländer blockieren international Regeln, um ihre 7 Bio. US-$-Industrie zu schützen. Die Mehrheit der mittleren Einkommensländer – von Indien über Vietnam bis Südafrika – treibe die Energiewende aus Eigeninteresse voran, weil sie Öl und Gas in harter Währung importieren müssten; Erneuerbare sichern ihnen Versorgung und Devisen. ### 6. Narrativ-Wende: Von Verzichtsbotschaften zum „besseren Leben“-Versprechen Die Klimabewegung habe jahrelang in „Don’t“-Sprache kommuniziert – weniger Fliegen, weniger Fleisch. Erfolgreich werde sie erst mit einem Ja-Narrativ: saubere Luft, bezahlbarer Strom, moderne Jobs. Politiker:innen müssten eine konkrete Zukunftsgeschichte malen, statt von Opfern zu sprechen; dann lasse sich auch in Zeiten populistischer Gegenwind politischer Rückhalt mobilisieren. ## Einordnung Der Podcast nutzt das journalistische Gesprächsformat, um eine konstruktive Klimadiskussion zu führen. Die Moderatoren stellen kritische Gegenfragen, vermeiden jedoch plumpe Polarisierung. Besonders wirksam: Die Verbindung persönlicher Anekdoten (die sterbende Schildkröte) mit harten Fakten (Handelsbilanz, Budgetanteile), wodurch komplexe Zusammenhänge emotional erfahrbar werden. Unausgesprochen liegt der Fokus auf westlichen Zuhörer:innen; die Perspektive der vom Klimawandel am stärksten betroffenen, aber ökonomisch schwächeren Länder bleibt randständig. Diskursiv überzeugend ist das wiederholte Framing der Klimakrise als laufender Wirtschaftswandel, nicht als Umwelt-Thema – ein narratives Update, das Handlungsoptionen jenseits von Verzicht eröffnet. Insgesamt ein informatives, hoffnungsorientiertes Format ohne verschwörerische oder menschenfeindliche Inhalte. Hörempfehlung: Wer trotz düsterer Nachrichten Klimahoffnung sucht und konkrete Beispiele für gelingende Transformationen braucht, findet hier eine faktenreiche, zugleich emotionale Quelle.