Nachhaltigkeit erfolgreich umsetzen - mit dem Sustainability Podcast für Profis: Gewinne Zukunft.: #81 Raus aus Parteipolitik - rein ins Wirtschaftswunder Nachhaltigkeit! Wie wir scheinbare Widersprüche auflösen.
Wie ein strukturschwacher Landkreis durch Energiewende zum Wirtschaftswunder wurde - mit konkreten Strategien für parteiübergreifende Klimapolitik.
Nachhaltigkeit erfolgreich umsetzen - mit dem Sustainability Podcast für Profis: Gewinne Zukunft.
70 min read3657 min audioDer Podcast "Gewinne Zukunft" (Episodentitel: "Wie zwei Meister ihre Nachhaltigkeit durch Pragmatismus und Kollaboration erreichen") präsentiert ein Gespräch zwischen Moderator Zackes Brustik und zwei Gästen: Bertram Fleck (ehemaliger Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises) und Heinrich Strößenreuther (Klimaaktivist und Campaigner, zur Zeit der Aufnahme CDU-Mitglied). Das Gespräch dreht sich um die erfolgreiche Energiewende im Rhein-Hunsrück-Kreis und Strategien zur parteiübergreifenden Mobilisierung für Klimaschutzmaßnahmen.
### Wirtschaftlicher Erfolg durch Energiewende
Fleck berichtet von beeindruckenden Zahlen: Der Rhein-Hunsrück-Kreis habe durch die Energiewende 1,5 Milliarden Euro Investitionen angezogen und eine regionale Wertschöpfung von 44 Millionen Euro jährlich erreicht. "In der Region von privaten PV-Besitzern, Nahwärme [...] bleiben 44 Millionen in der Region hängen", erklärt er. Das Erfolgsrezept sei gewesen, "ideologiefrei" zu argumentieren und Klimaschutz nicht als politisches, sondern als wirtschaftliches Thema zu positionieren.
### Parteiübergreifende Kollaboration als Schlüssel
Strößenreuther betont die Notwendigkeit überparteilicher Zusammenarbeit: "Wir müssen tatsächlich so ein bisschen pathetisch [...] Händchen halten, Hand in Hand, gemeinsam kooperieren, parteiübergreifend, staatstragend diese Aufgaben hinkriegen." Er argumentiere nicht primär klimapolitisch, sondern mit wirtschaftlichen Argumenten: "lieber 63 Milliarden Euro von Sonne und Wind als Geld für Putin oder einen Scheich."
### Praktische Mobilisierungsstrategien
Bertram Fleck beschreibt konkrete Ansätze zur Bürgermobilisierung: "Wer am Wochenende ins Gemeindehaus kommt, kriegt 15 neue Glühbirnen." Diese niedrigschwelligen Aktionen hätten "Aha-Erlebnisse" geschaffen. Das Erfolgsmodell von Schnorrbach, wo Windkraftpacht in Bürgerförderprogramme umgewandelt wurde, hätten 40 Gemeinden kopiert.
### Ostdeutschland-Tour als Kommunikationsstrategie
Beide berichten von ihrer gemeinsamen Tour durch Ostdeutschland mit dem Motto "Mit Milliarden den Landkreis beleben". Strößenreuther erklärt die Argumentationskette: Zunächst würden die wirtschaftlichen Vorteile betont, dann die Gefahr thematisiert, dass externe Investoren die Gewinne abschöpfen könnten. "Wenn wir es jetzt schaffen [...] dass Wind- und Solarausbau [...] vor allem die billigste, einfachste und schnellste Konjunkturmaßnahme" sei, könne man Menschen überzeugen.
### Organisatorische Erfolgsfaktoren
Fleck identifiziert als wichtigste Erfolgsfaktoren: Rückendeckung durch die Führung, ein kleines engagiertes Team, einen "Kümmerer" als Klimaschutzmanager, und intensive interne Kommunikation. "Ich habe in den ersten Jahren nahezu in jeder Personalversammlung das Thema verkündet", berichtet er. Heinrich ergänzt die Metapher der "Change-Wippe": "Am Anfang sitzt man da ganz alleine da oben [...] Erfolg ist, wenn die langsame Bewegung kommt."
## Einordnung
Das Gespräch verfolgt eine klare kommunikative Strategie: Klimaschutz wird konsequent als wirtschaftliche Chance gerahmt, politische Ideologie bewusst vermieden. Die Argumentationsstruktur folgt einem pragmatischen Ansatz - von niedrigschwelligen Einstiegsmaßnahmen bis hin zu komplexeren Energieprojekten. Beide Sprecher präsentieren ihre Erfolgsgeschichten als replizierbare Blaupausen, wobei sie persönliche Beziehungsarbeit und lokale Vernetzung als entscheidende Faktoren hervorheben.
Rhetorisch geschickt verbinden sie lokale Erfolgsgeschichten mit übergeordneten volkswirtschaftlichen Argumenten. Die Erzählung vom "kleinen Wirtschaftswunder" im strukturschwachen Rhein-Hunsrück-Kreis funktioniert als Gegenentwurf zu dominanten Krisendiskursen. Allerdings bleibt die Diskussion stark auf die Erfolgsperspektive fokussiert - kritische Stimmen, gescheiterte Projekte oder strukturelle Hindernisse werden kaum thematisiert. Die Ostdeutschland-Tour illustriert interessant, wie regionale Eigenarten und historische Erfahrungen in der Klimakommunikation berücksichtigt werden müssen. Die Betonung von "Heimatenergie" und lokaler Wertschöpfung adressiert gezielt Befürchtungen vor weiterer wirtschaftlicher Fremdbestimmung. Das Format vermittelt praxisorientiertes Wissen für Nachhaltigkeitsmanager, bleibt aber in der Selbstdarstellung als Erfolgsgeschichte verhaftet.