Table Today: Stehen die Kommunen vor der Pleite?
Kommunale Finanzmisere, Rundfunk-Reform und Lehrermangel – Table Today analysiert drei strukturelle Krisen mit konkreten Zahlen.
Table Today
32 min read1406 min audioHelene Bubrowski und Michael Bröcker diskutieren in dieser Table-Today-Folge drei Themen: die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen, Reformbedarf beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die prekre Situation von Lehrkräften. Zu Gast ist Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup, der mit konkreten Zahlen die kommunalen Finanzlöcher erklärt: Städte erbringen 25 % staatlicher Aufgaben, verfügen aber nur über 14 % der Einnahmen. Die Moderator:innen werfen dem Rundfunk Selbstüberschätzung, Parallelstrukturen und mangelnde Selbstbeschränkung vor, begrüßen aber interne Reformvorschläge von WDR-Chefredakteur Stefan Brandenburg. Ein kurzer Schwenk auf Lehrkräfte endet mit dem Appell, deren gesellschaftliches Standing zu stärken.
### 1. Kommunen erbringen 25 % der staatlichen Aufgaben, erhalten aber nur 14 % der Einnahmen
Mentrup nennt diese Zahlen als zentrale Ursache für Haushaltssperren in eigentlich wohlhabenden Städten wie Karlsruhe. Die Lösung sieht er nicht in weiteren Steuererhöhungen, sondern in einer gerechteren Verteilung der Steuerflüsse und höherer Beteiligung an Bund-Länder-Einnahmen.
### 2. Sozialausgaben explodieren: +12,6 % Sozialhilfe, +17 % Kinder- und Jugendhilfe
Die Moderator:innen zeigen mit konkreten Haushaltszahlen, dass vor allem Sozialleistungen die Kommunen belasten. 2023 lagen die kommunalen Sozialausgaben bei 76 Mrd. Euro, 2024 bereits bei 84 Mrd. Euro – ein Plus von zwölf Prozent innerhalb eines Jahres.
### 3. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: 8 Mrd. Euro jährlich, aber zu viele Parallelstrukturen
Bröcker kritisiert, jede ARD-Anstalt betreibe eigene Politik- und Nachrichtenformate sowie mehrere Hörfunkwellen. In einer digitalen Welt mit unbegrenztem Online-Angebot sei diese Selbstbeschränkung notwendig, um Kritik an Gebührenverschwendung zu entkräften.
### 4. Interne Rundfunk-Kritik: ARD-Chefredakteure fordern mehr Meinungsvielfalt
WDR-Chefredakteur Stefan Brandenburg fordert laut Interview-Zitat: "Die Gründe, warum wir uns mit bestimmten Perspektiven schwerer tun, sind vielfältig, eindeutig ist unser Auftrag, unterschiedlichste Sichtweisen zu bieten." Auch Ex-ARD-Chef Kai Gniffke mahnt, Alltagssorgen wie verdreckte Innenstädte oder fehlende Deutschkenntnisse auf öffentlichen Plätzen stärker zu thematisieren.
### 5. Lehrkräfte: 4.500 Euro brutto für Grundschullehrkräfte – trotz extremer Arbeitsbelastung
Die Moderator:innen attestieren Lehrkräften "irrer Lärmpegel" und psychische Belastung. Ihr Fazit: Frühkindliche Bildung sei entscheidend, daher müssten gerade Grundschullehrkräfte besser bezahlt und gesellschaftlich anerkannter werden.
## Einordnung
Die Sendung liefert einen kompakten Überblick über drei gesellschaftlich relevante Probleme und nutzt dafür die typische Table-Mischung aus Zahlen, Interviewausschnitten und persönlichen Einschätzungen. Besonders gelungen ist das Interview mit Frank Mentrup: Die Moderatoren lassen ihn ausführlich die kommunale Finanzmisere erklären, stellen kritische Nachfragen zu möglichen Einsparpotenzialen und verzichten auf Polemik. Die anschließende Rundfunk-Kritik bleibt ebenfalls sachlich; interne ARD-Zitate demonstrieren, dass Reformdebatten bereits im System stattfinden. Der kurze Schwenk auf Lehrkräfte wirkt dagegen etwas aufgesetzt und reproduziert Stereotype (z. B. die These, Lehrberufe würden mit steigendem Frauenanteil an Ansehen verlieren). Insgesamt bietet die Folge einen zugänglichen Einstieg in komplexe strukturelle Probleme, ohne dabei zu oberflächlich zu bleiben.