FALTER Radio: Der unerfüllbare Kinderwunsch alleinstehender Frauen - #1489
FALTER-Radio zeigt, wie österreichisches Recht Single-Frauen künstliche Befruchtung verbietet und warum 22 Kläger:innen dagegen vor den Verfassungsgerichtshof ziehen.
FALTER Radio
28 min read1716 min audioDer Podcast „Falter Radio“ mit Raimund Löw diskutiert das österreichische Verbot künstlicher Befruchtung für Single-Frauen. Im Zentrum steht Astrid Wödl, eine 36-jährige Lehrerin, die im achten Monat schwanger ist – mithilfe einer Samenspende, die sie sich in München einholen musste, da sie in Österreich als Single keine Zugangsmöglichkeit hatte. Gemeinsam mit 21 anderen Frauen und zwei Ärzt:innen fordert sie vor dem Verfassungsgerichtshof das Recht auf künstliche Befruchtung ohne Beziehungsstatus. Anna Goldenberg, FALTER-Redakteurin, erläutert die rechtliche Lage, finanzielle Hürden (bis 60.000 Euro) und die gesellschaftliche Situation Alleinerziehender. Die Folge zeigt, wie veraltete Gesetze moderne Lebensentwürfe behindern und wie Betroffene sich wehren.
### 1. Österreich verbietet Single-Frauen künstliche Befruchtung
Laut Fortpflanzungsmedizingesetz dürfen nur verheiratete oder in Lebensgemeinschaft lebende Frauen sich mit Samenspende schwanger machen lassen. Alleinerziehende sind laut Goldenberg „Realität in Österreich – jede fünfte Familie hat nur ein Elternteil“. Die Kläger:innen argumentieren, dies sei diskriminierend, da Einzeladoption erlaubt sei.
### 2. Studien belegen gutes Abschneiden von „Solokindern"
Cambridge-Forscher:innen verfolgen seit 2011 eine Kohorte von Kindern allein erziehender Mütter. Laut Goldenberg zeigen die Daten: „Denen geht’s genauso gut wie denen, die mit zwei Elternteilen aufwachsen.“ Ausschlaggebend seien „nicht die Familienkonstellation, sondern Qualität der Beziehungen, finanzielle Sicherheit und Stress“.
### 3. Kosten und Aufwand treiben Frauen ins Ausland
Die einfachste Methode – Intrauterine Insemination – kostet pro Versuch etwa 1.500 Euro für die Samenspende; meist sind mehrere Versuche nötig. Wödl brauchte vier. Insgesamt summierten sich bei ihr Kosten von rund 10.000 Euro inklusive Reise nach München. Andere Frauen geben laut Goldenberg bis zu 60.000 Euro aus.
### 4. Crowdfunding finanziert Verfassungsklage
Die 22 Kläger:innen benötigen 25.000 Euro für Anwalts- und Gerichtskosten. Wödl beteiligt sich aktiv an Social-Media-Kampagnen, um Spenden zu sammeln. Das Verfahren läuft; eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs wird für 2025 erwartet.
### 5. Gesellschaftliche Akzeptanz ist hoch – rechtliche Gleichstellung fehlt
Wödl berichtet durchwegs positive Reaktionen aus Freundeskreis und Schüler:innenschaft. Kinder akzeptierten die Entstehungsgeschichte schnell; größte Sorge: „Wer bringt dich zur Geburt?“ Die Diskrepanz zwischen gelebter Realität und Gesetz zeigt, wie sehr Regelungen hinter gesellschaftlichen Wandel zurückbleiben.
## Einordnung
Der Podcast arbeitet journalistisch sauber: Fakten werden klar von persönlichen Erfahrungen getrennt, wissenschaftliche Studien zitiert und Expert:innen zu Wort kommen gelassen. Besonders wertvoll ist die konsequente Perspektive der Betroffenen, die sonst oft fehlt. Die Moderation bleibt sachlich, stellt nach und überlässt den Diskurs den Gästen. Kritikwürdig ist lediglich, dass die Position ablehnender Politiker:innen (zuletzt vor allem ÖVP) nur referiert, nicht aber direkt befragt werden – ein Mini-Manko angesichts knapper Sendezeit. Insgesamt liefert die Folge eine informative, empathische und strukturierte Auseinandersetzung mit einem gesellschaftlich brisanten Thema, das Reproduktionsrechte, Familienpolitik und Diskriminierung verknüpft.