Víðsjá: Gerla í Glerhúsinu, Bruce Springsteen, Goethe
Isländischer Kulturpodcast über feministische Textilkunst, Goethe und Bruce Springsteen.
Víðsjá
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Im isländischen Kulturpodcast „Víðsjá“ besprechen die Moderator:innen Halla Harðardóttir und Melkorka Ólafsdóttir aktuelle Ausstellungen, Literatur und Musik. In dieser Folge führen sie ein Gespräch mit der Künstlerin Gerla über ihre textile Ausstellung „Þær“ im Glerhús, die sich mit dem kulturellen Erbe von Frauen seit Beginn des letzten Jahrhunderts auseinandersetzt. Zusätzlich gibt es einen Beitrag über Goethe und eine Auseinandersetzung mit Bruce Springsteens Biografie.
Hauptthema
Die Ausstellung „Þær“ von Gerla im Glerhús thematisiert die Verbindung von persönlicher und politischer Erfahrung in textiler Kunst und erinnert an das 50-jährige Jubiläum des „Kämpfes der Frauen“ (kvennaverfallsins) in Island.
### 1. Textile Kunst als feministisches Medium
Gerla erklärt, dass Textilien lange Zeit als „Frauenmedium“ unterschätzt wurden. Sie habe sich bewusst für textile Kunst entschieden, um gegen dieses Unrecht anzugehen: „Ich beschloss, Textilkunst zu studieren, weil ich dieses Unrecht spürte.“ Während ihrer gesamten Ausbildung habe sie nie von einer Frau unterrichtet worden sein sollen.
### 2. Kulturelles Erbe und Wiederentdeckung
Die Künstlerin hebt hervor, dass Textilien im Mittelalter hoch geschätzt wurden, später aber in Verruf gerieten. Es gebe ein Bemühen, Textilien wieder als gleichwertiges künstlerisches Medium anzuerkennen. Als Beleg führt sie an, dass sich ein einziges isländisches Kunstwerk im Louvre befinde – und das stamme von einer Frau.
### 3. Persönliche Motivation und künstlerische Entwicklung
Gerla erzählt, dass sie 1987 begonnen habe, textile Kunst zu schaffen. Die aktuelle Ausstellung sei eine Art Hommage an ihre künstlerische Herkunft und zeige, dass sie schon seit Jahrzehnten mit dem Medium arbeite.
### 4. Politische Aktivität und künstlerische Praxis
Die Künstlerin berichtet von ihrer Teilnahme am „Kämpf der Frauen“ und zeigt, wie persönliche Erfahrungen und politische Positionen in ihre Arbeit einfließen. Sie habe bereits vor dem offiziellen Frauentag mit Aktionen begonnen.
## Einordnung
Der Beitrag zeigt eine intensive Auseinandersetzung mit feministischer Kunstgeschichte und der Wiederaneignung eines traditionell als „weiblich“ geltenden Mediums. Die Gesprächsführung ist empathisch und lässt der Künstlerin viel Raum für ihre persönliche Schilderung. Besonders bemerkenswert ist die klare Positionierung gegen die Marginalisierung von Textilkunst und die Verknüpfung von künstlerischer Praxis mit politischem Engagement. Die Moderation gelingt es, die Bedeutung der Ausstellung für die aktuelle Frauenbewegung in Island hervorzuheben, ohne in Klischees zu verfallen. Der Beitrag bietet wertvolle Einblicke in die isländische feministische Kunstszene und die Rolle von Textilkunst als Ausdrucksform weiblicher Erfahrung. Die Mischung aus persönlicher Erzählung und kunsthistorischem Kontext macht die Ausstellung für ein breites Publikum zugänglich.