Die Folge „Viele Frauen mit ADHS und ADS erleben die Wechseljahre als besonders anstrengende Phase“ des Podcasts „Hormongesteuert“ beleuchtet, wie Hormonumstellungen in den Wechseljahren ADHS-Symptome bei Frauen verstärken könnten. Moderiert wird die Sendung von Katrin Simonson (MDR Aktuell), die mit Dr. Katrin Schaudich (Frauenärztin und Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft) und der Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie Dr. Astrid Neu-Lobkovitz spricht. ### 1. ADHS ist bei Frauen oft übersehen Dr. Neu-Lobkovitz erklärt, dass das „H“ in ADHS die Realität vieler Frauen verzerre: „Nicht jede Frau [sei] hyperaktiv“, weshalb Mädchen mit überwiegend unaufmerksamen Symptomen („verträumt, ablenkbar, langsam“) später diagnostiziert würden – im Verhältnis vier Jungen zu einem Mädchen. ### 2. Wechseljahre als Symptom-Verstärker Sinkendes Östrogen könne „die Netzwerke der Konzentration und Motivation“ zusätzlich belasten, weil ohne ausreichend Dopamin „diese Netzwerke nicht gut verschaltet“ seien. Viele Betroffene erfahren erst jetzt Erklärungen für jahrzehntaltes Leid. ### 3. Diagnosekriterien: Symptome müssen durchgängig sein Die Expertin betont, „Jeder ist mal unkonzentriert“, doch bei ADHS fehle „der Reizfilter“. Betroffene könnten „nicht priorisieren“, nur unter Stress funktionieren und erlebten „ständig ein Gefühl von Versagen“. ### 4. Erste Therapieempfehlung: Medikamentöses Dopamin-Upcycling Über 80 % der ADHS-Varianten seien „erblich bedingt“ und durch „zu schnell abgebautes Dopamin“ gekennzeichnet. Deshalb gelte: „allererstes Mittel der Wahl“ sei „eine medikamentöse Behandlung, nämlich dieses Dopamin hochzuregulieren“. ### 5. „Masking“ erschwert gesellschaftliche Wahrnehmung Frauen würden ihre Symptome kaschieren, „arbeiten oft heimlich“, würden sich „viel dümmer als die anderen“ fühlen und blieben dadurch „unter ihren Möglichkeiten“. Die Folge: hohes Risiko für Depression und Angststörungen. ### 6. Lebenslange neurobiologische Besonderheit stads temporäre Phase ADHS sei laut ICD-11 „eine neurogene Strukturerkrankung“, vergleichbar mit Kurzsichtigkeit – „Man kommt als ADS-lerin auf die Welt und bleibt auch ADS-lerin“. Ziel sei nicht Heilung, sondern „einen guten Weg finden“. ## Einordnung Der Podcast folgt einem klassischen Wissens-Format: Moderation und Expertin vermitteln komplexe Zusammenhänge in alltagsnaher Sprache. Besonders positiv: Die Expertin benennt ADHS als neurobiologische Variante, nicht als Charakterschwäche, und thematisiert geschlechtsspezifische Unterdiagnostik. Kritisch bleibt, dass ausschließlich eine medikamentöse Dopamin-Erhöhung als primäre Behandlung genannt wird; andere Evidenz-basierte Ansätze (Verhaltenstherapie, Lebensstil, Coaching) fehlen. Es bleibt unklar, ob mögliche Nebenwirkungen, Langzeitdaten oder alternative Behandlungsverläufe adressiert werden. Der Fokus liegt auf individueller Defizit-Wahrnehmung, soziale Rahmenbedingungen (Arbeitsplatzgestaltung, soziale Sicherheit) bleiben unterbelichtet. Insgesamt ein informativer Einstieg, der Betroffene jedoch zur Medikalisierung drängt.