ChinaTalk: EMERGENCY POD: H20s to China + 15% with Chris Miller and Lennart
Technisch fundierte Analyse der US-Entscheidung, Nvidia H20-Chips wieder nach China zu verkaufen – mit Experten von RAND und dem Autor von „Chip War“.
ChinaTalk
67 min read4269 min audioDie Episode "So we're selling AI chips to China now" diskutiert die jüngste Kehrtwende der US-Regierung: Nach einem Verkaufsverbot im April 2025 dürfen Nvidia H20-Chips nun doch wieder nach China – gegen eine Exportgebühr von 15 %. Lennart Heim (RAND) und Chris Miller (Autor von „Chip War“) analysieren technische Details, strategische Risiken und die politische Logik hinter der Entscheidung.
### 1. Der H20-Chip sei kein veraltetes Relikt, sondern eine gezielt zugeschnittene Hochleistungskarte
Heim betont, der H20 sei zwar „7× schlechter“ bei Rechenleistung als die H100, besitze aber mit 4 TB/s eine bessere Speicherbandbreite als jede chinesische Konkurrenz. Dies mache ihn besonders für das Ausführen („Inference“) großer KI-Modelle attraktiv – ein Aspekt, der in der öffentlichen Debatte oft untergehe.
### 2. China könne derzeit nur rund 200.000 eigene KI-Chips pro Jahr produzieren – die USA wohl über 10 Millionen
Miller und Heim halten die Menge für entscheidender als die reine Chip-Qualität. Wenn Nvidia eine Million H20-Chips verkaufe, würde das die heimische Produktion um das Fünffache übertreffen. Die chinesische Industrie kämpfe zudem mit mangelndem High-Bandwidth-Memory (HBM) und schlechten Ausbeute-Raten.
### 3. Die US-Regierung argumentiere mit „Abhängigkeit“ und Marktanteil, vernachlässige aber langfristige Technologie-Transfer-Risiken
Vertreter der Exportfreigabe behaupten, durch US-Chips werde Huawei gebremst und China an die westliche CUDA-Software „gekettet“. Heim kontert, dass chinesische Firmen wie Tencent und Alibaba trotzdem parallel Huawei-Chips horteten und die heimische Halbleiterfertigung unabhängig vom KI-Markt voranschreite.
### 4. Trump habe die Entscheidung offenbar persönlich nach Gesprächen mit Nvidia-CEO Jensen Huang gefällt – ohne erkennbare strategische Gegenleistungen
In einer Pressekonferenz bezeichnete Trump den H20 als „alten Chip“, nannte die 15 %-Gebühr „gutes Geschäft“ und verglich das Vorgehen mit dem Verkauf gedrosselter Kampfjets an Alliierte. Weder sei ein konkreter Gegenwert aus China bekannt, noch sei die Gebühr an spezifische Sicherheitsvorhaben gebunden.
### 5. Chinesische Behörden schürten offenbar Angst vor „Kill Switches“ und Spionage – möglicherweise, um Huawei zu schützen
Nach der US-Entscheidung warnten staatliche Stellen chinesische Firmen vor versteckten Hintertüren in US-Chips. Heim und Miller deuten dies als Mischung aus echter Sicherheitsbedenken und gezielter Kampagne, um die Nachfrage nach Nvidia-Produkten zu dämpfen und Huawei Marktanteile zu sichern.
### 6. Die Diskussion um High-Bandwidth-Memory (HBM) als nächsten Verhandlungsgegenstand zeige, wie tief die Exportkontroll-Debatte reicht
China fordert Berichten zufolge Zugang zu HBM-Speicherchips, die aktuell ebenfalls sanktioniert sind. Heim warnt: „Wir würden ihnen nicht unsere Chips verkaufen, sondern ihnen helfen, bessere eigene Chips zu bauen.“
## Einordnung
Die Episode liefert eine sachlich informierte, technisch fundierte Auseinandersetzung mit einer hochsensiblen Exportentscheidung. Die Moderator:innen Jordan Schneider gelingt es, komplexe Halbleiterdetails und geopolitische Risiken verständlich zu vermitteln, ohne parteipolitische Positionen zu übernehmen. Besonders bemerkenswert ist die klare Hierarchie der Expertise: Heim und Miller dominieren die technische Analyse, während die politische Ebene – Trump, Handelsverhandlungen, chinesische Gegenpropaganda – als externer Faktor beleuchtet wird. Die Diskussion bleibt frei von Verschwörungserzählungen oder rechter Rhetorik; stattdessen wird die Verwundbarkeit der US-Strategie offengelegt: eine scheinbar impulsive Präsidentenentscheidung ohne parlamentarische Begleitung, ohne öffentliche Impact-Bewertung und ohne erkennbare strategische Gegenleistung. Die Folge zeigt eindrucksvoll, wie sehr Einzelinteressen (Nvidia, Trump-Administration) und langfristige Sicherheitsinteressen kollidieren – und wie dünn die Trennung zwischen Exportkontrolle und Handelswaren inzwischen geworden ist.
Hörempfehlung: Wer eine präzise, technisch versierte Einordnung der US-China-Chip-Politik sucht, bekommt hier 60 Minuten hochkarätige Expertise – inklusive realistischer Einschätzung, warum die jüngste Kehrtwende möglicherweise ein strategischer Fehler ist.