Medientalk: Medientalk: Fast jede zweite KI-News enthält gravierende Fehler
SRF beleuchtet zwei Studien zur Fehlerhaftigkeit von KI-Assistenten und zum teils unkritischen Einsatz künstlicher Intelligenz in Schweizer Redaktionen.
Medientalk
30 min read1656 min audioKontext und Sprecher: Im SRF-Format «Medientalk» diskutieren Salvador Atasoy, SRF-Digitalredaktor Jürg Tschirren, Inlandredaktor Matthias Baumer sowie die Kommunikationswissenschaftlerin Silke Fürst zwei frische Studien zum Einsatz von KI im Journalismus. Hauptthema ist die Fehleranfälligkeit aktueller KI-Assistenten und die damit verbundenen Konsequenzen für Redaktionen und Publikum.
### 1. Fast jede zweite KI-Antwort enthält gravierende Fehler
Die europaweite EBU-Studie ließe darauf schließen, dass 45 % der von ChatGPT, Gemini oder Perplexity generierten Nachrichtenantworten mindestens einen schwerwiegenden Fehler aufweisen. Besonders häufig seien falsche Quellenangaben, zerronnene Links und die Vermischung von veralteten oder erfundenen Fakten. «Es gäbe eine systemische Schwäche – unabhängig von Sprache, Land oder KI-Anbieter», heiße es in der Studie.
### 2. Junge Menschen informieren sich zunehmend über KI
Laut Studie würden 15 % der unter 25-Jährigen KI-Assistenten nutzen, um sich über aktuelle Themen zu informieren. Dieser Trend könne das Vertrauen in Medien insgesamt unterminieren, wenn Fehlinformationen unkontrolliert verbreitet würden. Es bestehe die Sorge, dass falsche Antworten «die demokratische Beteiligung beeinträchtigen» könnten.
### 3. Redaktionen in der Schweiz nutzen KI oft ohne Konzept
Eine Universität-Zürich-Studie zeige, dass 87 % der Schweizer Journalist:innen KI-Tools nutzen, jedoch nur die Hälfte sich intensiv mit Funktionsweise, Datenschutz oder ethischen Leitplanken auseinandergesetzt habe. Viele würden KI zwar einsetzen, aber kaum verstehen, «wo dabei die Gefahren liegen», so Silke Fürst.
### 4. Kleine Redaktionen und Freelancer:innen drohen zurückzufallen
KI-Werkzeuge würden vor allem in grossen Medienhäusern systematisch integriert. Kleinere Redaktionen und freischaffende Journalist:innen hätten weniger Zugang zu Tools, Weiterbildung und klaren Richtlinien. Dies könne zu einer «Segregation» führen, die langfristig die Qualität und Wettbewerbsfähigkeit betreffe.
### 5. Effizienzversprechen bleibt bislang aus
Obwohl KI als Zeitsparer angepriesen werde, spüre nur ein Drittel der Befragten eine tatsächliche Entlastung. Für viele führe KI-Einsatz zunächst zu mehr Arbeit, weil zusätzliche Kontrollschleifen nötig seien. «Ohne klare Richtlinien und Schulungen bleibe das Potenzial ungenutzt», so Fürst.
### 6. Bisherige Leitlinien sind kaum bekannt oder hilfreich
Der Schweizer Presserat hatte einen KI-Leitfaden veröffentlicht – laut Studie kenne diesen jedoch kaum jemand, geschweige denn nutze ihn als Orientierung. Auch interne Redaktionsrichtlinien seien oft inexistent oder unzureichend kommuniziert. Experten fordern daher verbindliche Mindeststandards und eine stärkere Professionalisierung des Umgangs mit KI.
## Einordnung
Die Sendung arbeitet gründlich mit Studienergebnissen, differenziert zwischen Nutzen und Risiken und lässt unterschiedliche Experten:innen zu Wort kommen. Besonders gelungen ist die Verknüpfung technischer, ethischer und struktureller Perspektiven. Kritisch bleibt, dass die eigene Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Weiterentwicklung nur am Rande thematisiert wird; SRF selbst zeigt kaum Strategien auf, wie mit den beschriebenen Problemen umgegangen wird. Die Beiträge bleiben deskriptiv und verzichten auf wertende oder parteipolitische Töne. Relevant ist der Talk für alle, die medienschaffend oder mediennutzend verstehen wollen, warum KI im Journalismus nicht nur Effizienz, sondern auch neue Fehlerquellen und Machtungleichgewichte schafft.