SPRIND – der Podcast der Bundesagentur für Sprunginnovationen: #112 Jano Costard
Ein Selbstgespräch der Bundesagentur für Sprunginnovationen über gelungene und gescheiterte Innovationswettbewerbe – ohne externe Perspektiven.
SPRIND – der Podcast der Bundesagentur für Sprunginnovationen
13 min read2160 min audioDer Podcast "SPRINT – Der Podcast für Menschen, die Neues neu denken" ist ein Format der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND). In der Episode "Was war der erfolgreichste Innovationswettbewerb der Geschichte?" spricht Moderator Thomas Ramge mit Dr. Jano Costard, Head of Challenges bei SPRIND, über historische und aktuelle Innovationswettbewerbe, deren Erfolge und Misserfolge sowie die eigene Erfahrung mit Challenges als Förderinstrument. Die Episode wirbt für die internationale Ausrichtung zukünftiger Wettbewerbe und reflektiert interne Lernprozesse.
### 1. Der Longitude Prize als Vorbild
Costard nennt den 1714 ausgelobten britischen Longitude Prize als „einen der bekanntesten und wirklich wichtigsten Innovationswettbewerbe“. Trotz vorangehender Versuche Spaniens und der Niederlande habe erst ein britischer Tischler mit einer neuen Zeitmess-Methode das Problem der Längengrad-Bestimmung auf See gelöst – ein Beleg dafür, dass Wettbewerbe „ganz normale“ Leute aktivieren können.
### 2. Darpa-Grand-Challenge als moderner Klassiker
Die 2004/2005 von der US-Forschungsbehörde DARPA veranstalteten Rennen für autonome Fahrzeuge seien „bei den modernen Innovationswettbewerben einer der bekanntesten“. Nachdem 2004 kein Fahrzeug die Strecke bewältigt habe, gewann 2005 das Stanford-Team um Sebastian Thrun – ein Erfolg, der direkt in Googles spätere Selbstfahr-Initiative mündete.
### 3. SPRIND setzt auf stufenweise Finanzierung statt Einzelpreis
Anders als klassische X-Prizes bieten SPRIND-Challenges keine „große Karotte“ am Ende. Stattdessen werde Teams in mehreren Phasen „unterwegs“ finanziert, damit sie teure Forschung vorfinanzieren können. Das Ziel sei, am Ende „für private Geldgeber interessant“ zu sein – ein Modell, das angeblich mehr Risikobereitschaft erlaube.
### 4. Gründe für Scheitern: zu ambitioniert versus schlecht vorbereitet
Costard differenziert: Scheitern sei „okay", wenn SPRIND zu ambitioniert gewesen sei – etwa bei einer Tissue-Engineering-Challenge, die nach Phase eone abgebrochen wurde, weil „Qualität und Geschwindigkeit nicht so war, wie wir es uns gewünscht haben". Nicht akzeptabel sei Scheitern, wenn Teams bereits vor Wettbewerbsstart zeigen, dass das Problem längst gelöst ist – dann habe man „Hausaufgaben nicht gemacht“.
### 5. Kulturelle Selbstauslese durch Bürokratie
Ein kurierender Hinweis am Anfang: Die „kulturelle Identität“ einer Förderinstitution präge direkt die Teams, die sich bewerben. Sei man „unglaublich bürokratisch und langsam“, bekomme man eben nicht „die jungen Wilden“, sondern nur jene, die sich auf diese Arbeitsweise einrichten können.
## Einordnung
Die Episode wirkt wie ein internes Werbe- und Reflexionsgespräch: Ramge und Costard nutzen die Sendung, um das eigene Fördermodell als innovativ und lernfähig zu inszenieren. Historische Beispiele dienen vor allem der Legitimation; kritische Gegenstimmen oder externe Expertise fehlen vollständig. Der Anspruch, „Scheitern ist geil“ zu zelebrieren, wird durch die Differenzierung zwischen erlaubtem und unerlaubtem Scheitern wieder eingefangen – letztlich steht die Institution selbst kaum zur Debatte. Der Podcast transportiert damit eine elitäre Selbstgewissheit: nur wer SPRINDs Tempo und Regeln mitspielt, gilt als „sprunginnovativ“. Perspektiven von gescheiterten Bewerber:innen, kritische Wissenschaft oder Zivilgesellschaft bleiben ausgespart; so wird ein geschlossenes Selbstbesta-tigungskreis erzeugt, der dem öffentlichen Auftrag einer Bundesagentur für „Sprunginnovationen“ nur bedingt gerecht wird.