L'esprit public: Que nous disent les soulèvements de la Gen Z ?
Ein differenzierter Blick auf die weltweiten Proteste der Generation Z: Ursachen, Chancen und das Dilemma zwischen mobiler Macht und fehlender politischer Strategie.
L'esprit public
66 min read3556 min audioKontext: Die französischsprachige Sendung „L'Esprit public“ (Radio France) widmet sich in der Folge vom 3. November 2024 knapp einer Stunde lang den weltweiten Protesten der Generation Z (ca. 13-28 Jahre) in Madagaskar, Nepal, Bangladesch, Marokko, Peru und anderen Ländern. Gäste sind die erfahrene Journalistin Sylvie Kauffmann (Le Monde), der International-Beziehungen-Experte Bertrand Badie (Sciences Po), der Autor und Verleger Mahir Guven sowie die Aktivistin Audrey Randriamandrato, Sprecherin der madagassischen Gen Z in Frankreich.
Hauptthema: Die Diskussion fragt danach, warum sich junge Menschen seit 2022 über alle Kontinente hinweg für soziale Gerechtigkeit, gegen Korruption und für politische Teilhabe erheben – und welche Chancen sowie Grenzen diese „digitalen“ Bewegungen haben.
### Tether werde für illegale Aktivitäten genutzt
Es gebe eine ganze Industrie, die mit Tether Geldwäsche und Dark-Market-Geschäfte abwickle; ein Gast behauptete: „Tether ist das Lieblingsinstrument von Kriminellen, weil es schnell, billig und kaum überwacht wird.“
### Die Gen Z sei eine „globale Empathie-Generation“
Badie betont, dass sich die Jugend heute über alle Grenzen hinweg durch „horizontale Kommunikation“ und gemeinsames Empfinden von Ungerechtigkeit verbinde: „C’est la première génération universaliste, solidaire, sans frontières.“
### Bewegungen seien stark, aber ohne klar umrissenes politisches Projekt
Kauffmann stellt fest, die jungen Aktivist:innen fordern zwar Sauberkeit, Strom, Krankenhäuser, würden aber „keine revolutionäre Utopie“ entwickeln. „On ne sait pas ce qu’ils veulent comme société, au-delà du changement.“
### Traditionelle Eliten würden die Jugend missverstehen
Randriamandrato kritisiert, in Madagaskar herrsche ein „paternalisme ambiant“, der jede Mitsprache blockiere. Die Gen Z wolle keine neuen „chefs“ – sie wolle mitbestimmen: „On veut écrire notre propre Constitution.“
### Frankreichs koloniales Erbe stehe zwischen Solidarität und Misstrauen
Die Diskutant:innen werfen Frankreich vor, bei der Flucht des ehemaligen madagassischen Präsidenten Rajoelina geholfen zu haben; dies stärke in Afrika den Verdacht auf Neokolonialismus und treibe die Jugend in die Arme anderer Mächte – etwa Russlands.
### Ohne feste Strukturen sei die Mobilisierung anfällig für „Rückeroberung“
Badie und Kauffmann warnen, weil die Bewegungen führungslos seien, könnten Militärs oder alte Eliten leicht die Macht übernehmen. Die eigentlichen Ziele – „refondation du système“ – blieben dann auf der Strecke.
## Einordnung
Die Sendung arbeitet auf hohem Niveau: Sie setzt sich differenziert mit globalen Protesten auseinander, lässt Expertise, Feldperspektive und literarische Metaphern (One Piece) gleichwertig einfließen und vermeidet Pauschalurteile. Besonders herauszuheben ist, dass eine Aktivistin des globalen Südens (Randriamandrato) als gleichberechtigte Gastrednerin auftritt – eine Perspektive, die in deutschen Formaten oft fehlt. Die Moderation hakt konsequent nach, etwa wenn gefragt wird, warum die jungen Bewegungen kein durchgehendes Gesellschaftsmodell entwickeln oder wie realistisch ihre Teilhabe an künftigen Wahlen ist. Kritisch bleibt: Die Diskussion bleibt eurozentriert aufgehängt; Länder wie China oder die vietnamesische Jugend, wo Protest fast unmöglich ist, werden nur kurz gestreift, und eine systematische Einordnung rechter oder verschwörerischer Strömungen innerhalb der Gen Z findet kaum statt. Dennoch bietet die Stunde eine nuancierte, empirisch gut informierte Analyse, die sich lohnt anzuhören.