Hateland: Deep State (4/7) – Vom Elite-Soldaten zum Reichsbürger
Der ARD-Podcast
Hateland
18 min read2420 min audioMartin Kaul fährt nach Brasilien auf Spurensuche nach Rüdiger von Pescatore, dem ehemaligen KSK-Kommandeur, der zum Reichsbürger mutiert sein soll. Die Recherche beginnt mit einem anonymen Hinweis in Berlin: von Pescatore leite eine hochkapitalisierte Firma im Süden Brasiliens. Eine Reise in die Kolonie Pomerode, die "deutscheste Stadt Brasiliens", führt Kaul zu von Pescatores prächtigem Anwesen. Das Gespräch mit dem ehemaligen Elite-Soldaten fällt kurz und abweisend aus: Von Pescatore bestreitet jede Verbindung zum Staatsstreichplan, lehnt aber jede Frage zum Reichsbürgertum ab. Recherchen der Kolleg:innen zeigen, dass seine 2013 gegründete Firma "Pescatores Brazil LTDA" 2,3 Mio. Euro Startkapital hatte, wohl über Immobilienhandel finanziert wurde und 2021 auf einen Freund übertragen wurde. Die Journalist:innen sprechen mit anonymisierten ehemaligen KSK-Kameraden, die von Pescatore als stolzen Patrioten beschreiben, der zunehmend Verschwörungstheorien glaubte. Die Reporter:innen werfen Fragen auf, woher das Kapital stammt und ob seine Militärverbindungen noch bestehen.
### Tiefere Einblicke in die Biografie des mutmaßlichen Reichsbürger-Führers
Die Reporter:innen zeigen eine Entwicklung von der Bundesheer-Loyalität zur Radikalisierung und wirtschaftlichen Absicherung in Brasilien. Die Recherche suggeriert, dass von Pescatore aus dem Ausland seine Kontakte pflegen könnte. Die Kolleg:innen bleiben vorsichtig und formulieren offene Fragen, statt definitive Behauptungen.
### Hintergrundinformationen über die Reichsbürger-Szene
Die Episode liefert keinen detaillierten Überblick über die Reichsbürger-Ideologie oder die Anschlagspläne, sondern verortet diese Gefahr als Rahmen. Bemerkenswert ist, dass sie nicht die übliche Panikmache bedienen. Die Journalist:innen arbeiten mit bewährten Recherche-Standards und lassen sich von dem ehemaligen KSK-Kameraden bestätigen, dass von Pescatore sich zuletzt verändert und radikalisiert habe.
### Die Rolle des KSK
Die Kolleg:innen werfen Fragen über das Militär-Milieu auf und wie es zu einer Radikalisierung des ehemaligen Kommandeurs kommen konnte. Sie lassen anonymisierte ehemalige Soldaten betonen, dass von Pescatore sich zunehmend von seinen Kameraden entfernt habe. Die Bundeswehr selbst kommt nicht zu Wort. Es fehlt eine Einordnung, wie Pescatore die Unterschiede zwischen seiner militärischen Laufbahn und Reichsbürger-Ideologie auflöst.
### Die Rolle von Vermögen und Auslandsinvestitionen
Die Kolleg:innen decken auf, dass von Pescatore über ein Millionenvermögen verfügt, das in Immobilien investiert ist. Die Quelle für das hohe Startkapital bleibt offen. Die Journalist:innen vermuten einen möglichen Zusammenhang mit seinen militärischen Kontakten, was von Pescatore nicht kommentiert. Bemerkenswert ist das fehlende Interesse der Behörden an diesem Vermögen.
### Die Frage nach dem Stillstand der Ermittlungen
Die Episode wirft Fragen auf, warum Behörden nicht bisher internationale Vermögensstrukturen durchleuchtet haben. Es bleibt offen, ob die brasilianische Firma lediglich ein privates Auswandern war oder ob sie eine Rolle in den Umsturzplänen spielte. Die Journalist:innen stellen präzise Fragen, ohne zu spekulieren, dass von Pescatore im Ausland ein Reichsbürger-Netzwerk betreiben köbte.
## Einordnung
Die Episode zeichnet sich durch klassische investigative Standardarbeit aus: Vor-Ort-Recherche, anonyme Quellen, Aktenstudium. Die Journalist:innen arbeiten sorgfälltig mit Fragen und verzichten auf Panikmache oder Verschwörungstheorien. Das Risiko besteht, dass die Radikalisierung von Pescatores zu einem spannenden Individualfall mutiert, ohne die gesellschaftlichen Bedingungen zu hinterfragen. Die Bundeswehr und deutsche Behörden kommen nur in Distanz vor; es fehlt eine fundierte Analyse der KSK-Kultur. Die Doku bleibt in der Faktenebene, ohne die Frage zu klären, warum Militärs in diese Szene abdriften. Interessant ist die Rolle des Brasililien-Links: Von Pescatore, der angebend für einen Umsturz plante, wohnt in einem deutschen Dorf-Setting im Ausland, was ironisch wirkt. Die Recherche zeigt, dass hochdeutsche Reichsbürger-Ideologie mit viel Kapital und internationalen Strukturen einhergehen kann. Dennoch: Die Doku ist keine Durchleuchtung der Szene, sondern ein Einzelfall, der aufzeigt, wie wenig deutsche Behörden mit der internationalen Verflechtung einer Gefährdung umzugeben scheinen. Die Journalist:innen bleiben fair und lassen keine unüberlegten Behaunungen zu. Die Folge informiert präzise, ohne zu bewerten, wie ein ehemaliger Elite-Soldat in Reichsbürger-Strukturen abdriftet. Der Fokus liegt auf der Reise in die Vergangenheit eines mutmaßlichen Staatsstreichers.