Der Tag: China-EU-Gipfel - Bittsteller aus Brüssel?

Expertengespräche zum gescheiterten EU-China-Gipfel und zur militärischen Eskalation zwischen Thailand und Kambodscha.

Der Tag
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In der Episode "Was die Europäer beim Gipfel in Peking erreicht haben - und vor allem, was nicht. Und: Ein sehr alter Konflikt zwischen Thailand und Kambodscha eskaliert. Mal wieder." spricht Steffi Rohde mit zwei Experten über aktuelle geopolitische Krisen. Michael Lacher vom Zentrum für Geopolitik analysiert das gescheiterte EU-China-Gipfeltreffen, bei dem nur beim Klimaschutz Einigkeit erzielt werden konnte. Korrespondent Udo Schmidt berichtet über die militärische Eskalation des Grenzkonflikts zwischen Thailand und Kambodscha. ### China blockiere bewusst Rohstofflieferungen, um Europa zu erpressen China habe seit April 2025 "neue Lizenzpflichten für Rohstoffexporte eingeführt", die so aufwendig seien, "dass sie dazu geführt haben, dass die Lizenzen sich sehr schnell aufgestaut haben", erklärt Lacher. Da China "60 Prozent seltener Erden kontrolliert und noch dazu 90 Prozent der globalen Raffinierung", käme dies "Erpressung" gleich. Die EU habe zwar einen "Green Channel" für bevorzugte Lizenzvergaben ausgehandelt, bleibe aber abhängig. ### Chinesischer Außenminister enthülle wahre Motive für Russland-Unterstützung Besonders brisant sei eine Aussage des chinesischen Außenministers im Juni gewesen, "dass Peking nicht wolle, dass Russland den Krieg verliere, weil die USA sonst den Fokus vollends auf China richten". Diese "besonders offene und ehrliche und direkte" Aussage habe "die Befürchtungen der europäischen Seite" bestätigt, dass es "einen strategischen Hintergrund auf chinesischer Seite gibt diesen Krieg auf russischer Seite zu unterstützen". ### Thailändische Premierministerin stürze über Grenzkonflikt mit Kambodscha Der Grenzkonflikt habe bereits die thailändische Regierung destabilisiert. Premierministerin Paetongtarn Shinawatra habe "mit Hun Sen telefoniert" und "wohl auch über das thailändische Militär gelästert". Hun Sen habe "das Ganze mitgeschnitten und veröffentlicht", was für sie "sehr sehr peinlich" gewesen sei und zum Rücktritt geführt habe. ### Militärische Eskalation mit Kampfjets und zwölf Toten Nach dem Tritt eines thailändischen Soldaten auf eine Mine seien "Raketenwerfer zum Einsatz gekommen von kambodschanischer Seite" und die Thailänder hätten "Granatwerfer und Drohnen eingesetzt und auch F-16 Kampfjets". Schmidt berichtet von "mindestens zwölf Tote", hauptsächlich Zivilisten. Das "ähnelte sehr, sehr einem Krieg". ### China kontrolliere Kambodscha vollständig, Thailand bleibe westlich orientiert Schmidt beschreibt, Kambodscha sei "sehr, sehr eng mit China verbandelt, um nicht zu sagen komplett von China abhängig", während Thailand "sehr, sehr viel stärker westlich orientiert" sei. "Die Chinesen haben das Land weitgehend kolonisiert", so seine Einschätzung zu Kambodscha. China habe "kein Interesse daran, dass dieser Konflikt sich ausweitet". ## Einordnung Die Episode bietet eine solide journalistische Aufarbeitung komplexer geopolitischer Spannungen, wobei beide Experteninterviews durch fundierte Einschätzungen überzeugen. Lacher liefert präzise Analysen der EU-China-Beziehungen und arbeitet die strategischen Dimensionen chinesischer Politik heraus, während Schmidt als Korrespondent authentische Einblicke in regionale Machtverhältnisse bietet. Besonders wertvoll ist die Offenlegung chinesischer Motive bei der Russland-Unterstützung und die Einordnung der Rohstoffpolitik als gezielte Erpressung. Problematisch erscheint Schmidts polarisierende Wortwahl ("kolonisiert") bei der Beschreibung chinesischer Präsenz in Kambodscha, die komplexe Abhängigkeitsverhältnisse zu stark vereinfacht. Seine Charakterisierung als "tief sitzender Rassismus" zwischen den Völkern bleibt unbelegt und reproduziert möglicherweise Stereotype. Die Darstellung demokratischer Prozesse in Thailand als grundsätzlich funktionsgestört vernachlässigt differenziertere Perspektiven auf politische Entwicklungen in der Region. Dennoch gelingt es beiden Gesprächspartnern, die Verstrickungen zwischen lokalen Konflikten und globalen Machtstrukturen zu verdeutlichen, ohne vereinfachende Lösungsansätze zu propagieren.