Sinica Podcast: Nuclear Weapons, Ukraine, and Great-Power Competition

Ein intensives Fachgespräch über nukleare Risiken im Ukraine-Krieg, das tief in westliche Sicherheitsdiskurse blickt, aber bewusst auf konträre Stimmen verzichtet.

Sinica Podcast
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Die 90-minütige Webinar-Aufzeichnung "Nuclear Weapons, Ukraine, and Great Power Competition" versammelt vier renommierte Expert:innen um Moderator Kaiser Kuo. Kern der Diskussion sind Russlands nukleare Drohgebärden seit 2022, die Gefahren für Zivilkraftwerke wie Saporischschja, Chinas Arsenal-Wachstum auf nun 600 Sprengköpfe und die Folgen des US-Projekts "Golden Dome". Die Expert:innen analysieren, wie Putins Rhetorik westliche Waffenlieferungen gebremst habe, ohne die ukrainische Kriegsführung zu stoppen, und diskutieren, ob Moskau taktische Atomwaffen einsetzen könnte, um einen Sieg zu besiegeln. Sie werfen zudem einen Blick auf Nordkoreas Raketenlieferungen an Russland, die nukleare Eskalationsrisiken weiter verschärfen. ### Russlands nukleare Signale wirken selektiv Mariana Budjeryn betont, Russland habe aus dem Konflikt bewusst eine nukleare Krise gemacht. Die Drohungen zielten darauf, westliche Entscheidungen zu beeinflussen – mit gemischtem Erfolg: „It has impacted the timing … it has resulted in the fact that it was more costly for Ukraine.“ ### Zaporizhia als militärische Schutzschild Budjeryn schildert detailliert, wie russische Truppen das AKW besetzt und als Abschussbasis genutzt hätten: „knowing full well that Ukrainians would be reluctant to retaliate directly for the fear of causing an accident.“ ### Chinas strikte Ablehnung von Ersteinsatz Pan Yanliang erklärt, China halte an seiner No-First-Use-Doktrin fest: „China has been very hesitant to embrace even the doctrine of strategic deterrence.“ Die Expansion des Arsenals auf 600 Köpfe sei primär eine Reaktion auf US-Raketenabwehr. ### Die Lehren aus Kiews Abrüstung Budjeryn kritisiert die vereinfachte Erinnerung an die 1990er: „We have the world's third largest nuclear arsenal … we gave them up for nothing.“ Tatsächlich sei die Entscheidung komplex gewesen und im Kontext des postsowjetischen Optimismus gefallen. ### Trump als Unsicherheitsfaktor Lily Wojtowicz warnt, die US-Regierung wirke wie „a chaos machine“: „He doesn't care about the outcome in Ukraine … anything they agree on means nothing.“ ## Einordnung Die Veranstaltung wirkt wie ein Fachgespräch mit hohem Informationsgehalt, das aber bewusst auf Gegenpositionen verzichtet. Alle Expert:innen kommen aus westlichen Think-Tanks oder Universitäten; russische oder chinesische Perspektiven fehlen völlig. Die Diskussion bleibt technokratisch: nukleare Abschreckung wird als berechenbares Instrument behandelt, während die humanitären Folgen von Atomwaffen kaum thematisiert werden. Besonders bemerkenswert ist die Selbstverständlichkeit, mit der über mögliche Atomwaffeneinsätze spekuliert wird – eine Normalisierung, die die eigentliche Horrorvision ausblendet. Die Expert:innen benennen Probleme wie den Zerfall von Kontrollregimen, bleiben aber bei der Analyse stehen. Die Veranstaltung dient damit weniger der breiten Aufklärung als der Bestätigung eines bestehenden sicherheitspolitischen Konsenses. Hörwarnung: Wer eine ausgewogene Debatte sucht, wird enttäuscht; wer aber einen tiefen Einblick in westliche Fachdiskurse zur nuklearen Strategie will, bekommt hochkarätige Analysen – allerdings aus einseitiger Perspektive.