Psychologie to go!: Psychologie- Mythen im Faktencheck
Psychotherapeutin Franca Cerutti entlarvt mit ihrem Mann weitverbreitete psychologische Mythen – unterhaltsam, mit Studien untermauert und ohne Fachchinesisch.
Psychologie to go!
3166 min audioPsychotherapeutin Franca Cerutti und ihr Mann Christian, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, räumen in der Podcast-Folge "Haben wir eine ‚dominante‘ Gehirnhälfte?" weitverbreitete psychologische Mythen aus. Sie entlarven unter anderem die Annahmen, dass Menschen eine dominante Hirnhälfte hätten, Gehirnjogging allgemein schlauer mache, Zucker Kinder hyperaktiv mache, es feste Lerntypen gäbe oder Frauen grundsätzlich emotionaler seien als Männer. Die Sprecher:innen belegen ihre Argumente mit Studien und erklären, warum sich diese Mythen trotz fehlender wissenschaftlicher Evidenz halten. Der Ton ist unterhaltsam, persönlich und lehrreich, ohne professionellen Journalismusanspruch zu erheben.
### 1. Die dominante Hirnhälfte ist ein Mythos
Christian erklärt, dass die Idee, Menschen hätten eine dominante Hirnhälfte, auf veraltete Hirnoperationen der 1960er-Jahre zurückgeht. Obwohl das Gehirn gewisse Spezialisierungen aufweise, arbeiten beide Hälften bei komplexen Aufgaben zusammen. Die beliebten Online-Tests, die angeblich zeigen, ob jemand eher logisch oder emotional sei, seien daher Humbug: „Es gibt in Wirklichkeit keinen rechts- oder linksdominanten Typus.“
### 2. Gehirnjogging macht nicht schlauer
Franca entzaubert das Versprechen, Gehirnjogging-Spiele würden das Denkvermögen allgemein verbessern. Studien zeigten, dass sich durch Sudoku oder Rechenspiele lediglich die jeweilige Fähigkeit selbst steigere, nicht aber das allgemeine kognitive Niveau: „Du kannst klar Kopfrechnen üben, dann wirst du besser im Kopfrechnen.“
### 3. Zucker verursacht keine Hyperaktivität
Der Glaube, Zucker mache Kinder ausschließlich hyperaktiv, sei eine Scheinkorrelation, so Christian. Doppelblinde Studien fänden keinen Zusammenhang; das beobachtete Aufgedrehtsein entstehe eher durch Aufregung bei besonderen Anlässen oder enthalte Koffein: „Die Idee dahinter ist ganz eingängig… Das ist so die grundlegende Idee.“
### 4. Es gibt keine festen Lerntypen
Das Konzept, Menschen seien entweder visuelle, auditive oder kinästhetische Lerntypen, sei wissenschaftlich nicht haltbar. Vielfalt im Unterricht sei zwar sinnvoll, feste Kategorien führten jedoch zu Vorurteilen: „Es gibt keine belastbaren Belege für feste Lerntypen.“
### 5. Geschlechterunterschiede in der Emotionalität sind minimal
Franca führt eine Studie an, der zufolge sich Männer und Frauen in der Bandbreite ihrer Emotionen kaum unterscheiden. Unterschiede entstünden vielmehr durch Sozialisation und Stereotype: „Männer und Frauen sind sich viel ähnlicher, als dass sie sich unähnlich sind.“
## Einordnung
Die Folge ist gut launige Unterhaltung mit Fachwissen für Laien. Die beiden Gastgeber nutzen ihre therapeutische Expertise, um Alltagsmythen mit Studien zu kontern und dabei private Anekdoten einzustreuen. Die Gesprächsdynamik ist sympatisch, allerdings fehlt ein journalistisches Gegenüber; wissenschaftliche Kontroversen oder Grenzen der zitierten Studien bleiben unerwähnt. Kritisch anzumerken ist, dass die Sendung gelegentlich auf sehr kleine Stichproben oder vereinzelte Arbeiten verweist, ohne die Evidenzlage breiter einzuordnen. Trotzdem gelingt es ihr, komplexe Befunde verständlich zu machen und Zuhörer:innen zu motivieren, ihr Weltwissen zu hinterfragen. Die Folge eignet sich als leichte, aber aufklärende Kost für alle, die gern überraschende Fakten in gewohnt entspannter Atmosphäre serviert bekommen wollen.