Hintergrund: Außenpolitik - Deutschlands geostrategische Interessen im Indopazifik
Deutschlands neue geopolitische Strategie im Indopazifik: weniger China, mehr Freihandel – aber zu welchem Preis?
Hintergrund
22 min read1137 min audioDer Deutschlandfunk-Podcast "Hintergrund" begleitet Außenminister Johann Wadephul (CDU) auf seiner Reise durch Indien, Japan und Indonesien. Ziel ist die Suche nach neuen Partnern im Indopazifik, um Deutschlands Abhängigkeit von China zu reduzieren. Wadephul betont wirtschaftliche Kooperation, sicherheitspolitische Allianzen und die Notwendigkeit von Freihandelsabkommen. Kritisiert wird dabei die geringe Berücksichtigung von Menschenrechten, etwa in Indonesien, sowie die Fokussierung auf wirtschaftliche Interessen. Expert:innen wie Janka Örtel (ECFR) und Manoj Kewalramani (Takshashila Institution) erläutern die geopolitischen Verschiebungen und fordern ein klareres strategisches Profil Deutschlands in der Region.
### 1. Strategische Abkehr von China
Deutschland positioniert sich neu im Indopazifik, um sich von China zu lösen. Wadephul erklärt: "Wer technologischer Vorreiter ist, löst sich auch von Abhängigkeit." Die Bundesregierung sieht China längst nicht mehr nur als Handelspartner, sondern als systemischen Rivalen.
### 2. Sicherheitsinteressen vor Menschenrechten
Während Wadephuls Vorgängerin Annalena Baerbock (Grüne) Menschenrechte stärker betonte, setzt der CDU-Politiker auf Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. In Indonesien thematisiert er die Menschenrechtslage nicht öffentlich – was Kritik von der Linken auslöst.
### 3. Freihandel als Antwort auf Protektionismus
Angesichts von Trumps Zöllen und Chinas Wirtschaftspolitik wirbt Wadephul für Freihandelsabkommen: „Wenn andere Handelsgüte aufbauen, dann sollten wir damit antworten, dass wir sie senken.“ Die EU verhandelt derzeit unter anderem mit Indonesien.
### 4. Militärische Kooperation mit Indien und Japan
Deutschland will Indien als Alternative zu Russland stärken und rüstungspolitisch enger zusammenarbeiten. Der Besuch des US-Stützpunkts in Yokosuka und die Fregattenfahrt durch die Taiwan-Straße signalisieren militärische Präsenz – auch wenn Kapazitäten begrenzt sind.
## Einordnung
Der Podcast zeigt eine deutliche Verschiebung in der deutschen Außenpolitik: weg von Wertebasis und Menschenrechtsdialog, hin zu wirtschafts- und sicherheitspolitischen Interessen. Die journalistische Leistung besteht darin, diese Verschiebung nicht nur zu begleiten, sondern auch kritische Stimmen – etwa von der Linken oder Zivilgesellschaft – einzubinden. Allerdings bleiben zentrale Fragen ungestellt: Welche ökologischen und sozialen Kosten haben neue Freihandelsabkommen? Welche Interessen vertritt die Wirtschaftsdelegation? Und warum wird die Menschenrechtslage in Indonesien nur am Rande thematisiert? Die Expert:innen liefern wichtige Einordnungen, doch bleibt die Bundesregierung in ihrer rhetorischen Selbstverständlichkeit – etwa beim Begriff „regelbasierte Ordnung“ – unhinterfragt. Der Podcast bietet einen guten Überblick über die neue geopolitische Ausrichtung Deutschlands, zeigt aber auch, wie schnell wirtschaftliche Interessen über normative Standards siegen.
Hörempfehlung: Wer verstehen will, wie sich Deutschlands Außenpolitik unter Wadephul neu ausrichtet – weg von Werten, hin zu Wirtschaft und Sicherheit – sollte sich diese Episode anhören.