Der Tag: Zolleinigung - Trumps größter Deal aller Zeiten?
Der Deutschlandfunk-Podcast analysiert kritisch den EU-USA-Handelsdeal und die humanitäre Katastrophe in Gaza mit nüchterner Expertise und mutiger Berichterstattung.
Der Tag
32 min read1722 min audioDer Deutschlandfunk-Podcast "Der Tag" vom 28. Juli 2025 beleuchtet zwei Schwerpunkte: die Einigung zwischen EU und USA im Handelsstreit sowie die humanitäre Lage im Gazastreifen. Moderatorin Steffi Rohde führt durch die Sendung. Im ersten Teil erklärt Jürgen Mattes vom Institut der deutschen Wirtschaft, dass die Vereinbarung über 15 Prozent Zölle auf EU-Importe in die USA eine weitere Belastung für exportorientierte Unternehmen darstelle, wobei die tatsächliche Erhöhung im Vergleich zum Status vor dem Konflikt nur gering ausfalle. Die EU habe zudem massive Zusagen gemacht: 750 Milliarden Dollar für US-Energieimporte und 600 Milliarden Dollar an zusätzlichen Investitionen in den USA. Mattes bezeichnet den Deal angesichts der realpolitischen Lage als "gerade noch vertretbar". Im zweiten Teil berichtet Korrespondent Jan-Christoph Kitzler aus Tel Aviv über die katastrophale Hungerkrise in Gaza. Israelische Menschenrechtsorganisationen sprechen von einem Genozid, während die Regierung Netanyahu die Vorwürfe des systematischen Aushungerns zurückweist. Die angekündigte "humanitäre Pause" sei bisher nur symbolisch, die tatsächliche Hilfe bleibe ein "Tropfen auf dem heißen Stein".
### 1. Die 15-Prozent-Zollvereinbarung sei nur eine marginale Verschlechterung, aber dennoch eine Belastung
Jürgen Mattes erklärt: "Die de facto Erhöhung liegt im geringen, einstelligen Prozentbereich" im Vergleich zum Status vor Trumps Zollerhöhungen. Die 15 Prozent seien zwar "ein zu hoher Zollsatz", aber die zusätzliche Belastung falle moderat aus.
### 2. Die EU habe massiv Zugeständnisse gemacht und neue Abhängigkeiten geschaffen
Die EU verpflichte sich, "amerikanische Energie im Wert von 750 Milliarden US-Dollar zu importieren" und zusätzlich 600 Milliarden Dollar in den USA zu investieren. Dies könnte eine "Übergangsphase" mit erhöhter US-Abhängigkeit bedeuten.
### 3. Die symbolische Hilfe für Gaza sei Teil einer bewussten Strategie des Aushungerns
Kitzler berichtet: "Das geht vor allem um Symbolik und man hofft natürlich, dass der Druck auf die israelische Regierung [...] tatsächlich nachlässt." Die Luftabwürfe seien "teuer, ineffizient" und erreichten nicht die Bedürftigsten.
### 4. Israelische Menschenrechtsorganisationen sprechen von einem Genozid in Gaza
Bei einer Pressekonferenz in Jerusalem hätten "zwei wichtige Menschenrechtsorganisationen in Israel" erklärt: "Das, was da im Gazastreifen passiert, das ist ein Genozid." Die Organisationen hätten Beweise für "massenhafte Tötungen", "Zerstörung von Lebensgrundlagen" und "ethnische Säuberung" zusammengetragen.
### 5. Die Verteilung humanitärer Hilfe laufe kontrolliert und manipuliert
Kitzler schildert: "Die Gaza Humanitarian Foundation [...] organisiert die Verteilung vor allem nach militärischen Bedürfnissen" und versuche, "Menschen in bestimmte Gegenden zu treiben". Früher habe es 400 UN-Verteilstellen gegeben, jetzt nur noch vier.
### 6. Die israelische Regierung betreibe systematische Desinformation
Netanyahu habe bei einer Rede vor evangelikalen Christen erklärt: "Es gibt keine Hungerpolitik in Gaza" - eine Aussage, die angesichts der dokumentierten Hungertoten und Hilfsorganisationen-Berichte als "Propagandalüge" bezeichnet wird.
## Einordnung
Der Podcast zeigt journalistische Professionalität durch klare Trennung von Fakten und Einschätzungen sowie durch differenzierte Expertengespräche. Die Moderation bleibt sachlich, lässt Expert:innen ausführlich zu Wort kommen und stellt kritische Nachfragen. Besonders bemerkenswert ist die konsequente Berichterstattung über die Gaza-Situation, die systematische Verhinderung humanitärer Hilfe und die Verwendung des Begriffs "Genozid" durch israelische Organisationen - ein mutiger Schritt im deutschen Mediendiskurs. Die Sendung vermittelt komplexe geopolitische Zusammenhänge verständlich und ohne Vereinfachung. Die Perspektivenvielfalt ist gegeben durch Wirtschaftsexpertise und Nahost-Korrespondenz, wobei palästinensische Stimmen indirekt durch die Berichterstattung vertreten sind. Die Machart überzeugt durch sorgfältige Recherche und nüchterne Analyse statt Polemik.