Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast: #241 Hocheggers "Schattenrepublik" #6: "Überleg dir, wie die Züge heißen sollen"
Die Podcast-Folge rekonstruiert millionenschwere ÖBB-Beraterverträge und politische Inseratenaffären – bleibt aber bei Anekdoten statt bei Aufklärung.
Die Dunkelkammer – Der Investigativ-Podcast
2752 min audioDer Investigativ-Podcast „Die Dunkelkammer“ beleuchtet in Teil 6 der Serie über Peter Hocheggers Memoiren die millionenschweren Beraterverträge zwischen dessen Agentur und den ÖBB. Gast ist Stefan Wehinger, ehemaliger ÖBB-Vorstand und späterer Westbahn-Gründer. Moderator Michael Nikbakhsh rekonstruiert, wie Hochegger 2004–2008 als „Hersteller von Kontakten“ fungierte, wie die Marke „Railjet“ für 150.000 € plus Ust an die ÖBB lizenziert wurde und warum Wehinger 2008 vorzeitig den Vorstand verlassen musste. Die Gespräche offenbaren eine Politikverflechtung, bei der Minister:innen über Inseratekampagnen Einfluss nahmen und interne Kommunikation über teure externe Vermittler lief.
### 1. Hocheggers Agentur verdiente Millionen mit Kontaktvermittlung
Die Agentur erhielt zwischen 2000 und 2010 rund 6,2 Mio. € von den ÖBB, vor allem für die Vermittlung von Gesprächen zu anderen Staatskonzernen und Ministerien. Wehinger: „Es war gut, die wichtigen Leute gleich kennenzulernen.“
### 2. Der Name „Railjet“ war vorab sichergestellt – ohne ÖBB-Wissen
Hochegger ließ die Marke sichern, bevor er sie den ÖBB präsentierte. Die spätere Rechnung von 150.000 € plus Ust für die Namensrechte sorgte 2007 für internen Streit; ein Aufsichtsratsbeschluss war bereits gefasst, als die Forderung kam.
### 3. Inseratenaffäre Faymann führte zu Wehingers Rauswurf
Wehinger musste 2008 gehen, nachdem er sich geweigert hatte, ÖBB-Werbekampagnen mit Bildern von Verkehrsminister Faymann zu finanzieren. Er berichtet von Drohungen durch Faymanns Berater, dass das „nicht gut für die Karriere“ sei.
### 4. ÖBB finanzierten den Businessplan für die spätere Konkurrenz
Nach seinem Ausscheiden durfte Wehinger auf Staatskosten ein Executive-MBA in Stanford absolvieren – dort entstand der Businessplan für die Westbahn, die 2011 als Konkurrentin der ÖBB startete.
### 5. Doppelte Entlassung: Wehinger wurde auch aus der Westbahn geworfen
Wenige Monate nach dem Betriebsbeginn habe ihn Mitinvestor Haselsteiner auf Druck des damaligen SPÖ-Chefs Gusenbauer austauschen lassen, um „Ruhe“ mit den ÖBB zu bewahren.
## Einordnung
Die Episode liefert eine bemerkenswerte Selbstverständlichkeit, mit der alle Beteiligte beschreiben, wie öffentliche Gelder zur persönlichen Profilierung und zur Finanzierung exklusiver Netzwerke verwendet werden. Statt strukturelle Probleme anzuprangern, dominiert der Eindruck einer nostalgischen Rückschau, bei der Korruption und Vetternwirtschaft als unausweichliches „System“ präsentiert werden. Kritische Nachfragen bleiben aus; etwa warum keine internen Compliance-Stellen die sichergestellten Markenrechte vorab prüften oder warum Minister:innen überhaupt direkt über Werbebudgets verfügen dürfen. Der Podcast transportiert so vor allem eins: Die Akteure halten sich für schlau, weil sie das Spiel mitspielten – und für clever, weil sie es heute als Anekdote erzählen. Der investigative Anspruch beschränkt sich auf das Rekonstruieren, nicht auf das Hinterfragen dieser Logik.
Hörwarnung: Wer aufklärende Kritik erwartet, bekommt eine fast schon amüsierende Bestätigung jener „Schattenrepublik“, die sie angeblich entlarven will.