Im Gespräch mit IndieWire-Moderator Chris O'Falt erklärt Benny Safdie, warum er Dwayne "The Rock" Johnson für die Rolle des frühen MMA-Pioniers Mark Kerr gewann und wie der Star 13 kg Muskeln zulegte, echte Treffer im Ring einsteckte und mit Proshetik nur an Nase und Ohren manipuliert wurde. Safdie rekonstruierte die illegalen Anfänge des UFC, ließ Kämpfe in zwei festen Kamerapositionen ohne Schnitt choreografieren und behandelte Beziehungsszenen zwischen Johnson und Emily Blunt wie Ringkämpfe – in "Abschnitten" gedreht, damit sich die Schauspieler:innen physisch und emotional von Szene zu Szene verausgaben. Das Ziel sei "radikale Empathie": Zuschauer:innen sollen trotz Drogenabsturz und Selbstversuch mit gutem Gefühl aus dem Kino gehen, weil der echte Kerr überlebt habe. Safdie baut das Ehehaus als vollständige Kulisse, um mit langen Brennweiten Dokumentar-Atmosphäre zu erzeugen, und erklärt, warum er weiterhin selbst schneidet und nahe bei den Darstellern steht – nur eben ohne den alten Bogenmikrofon-Trick. Als nächstes will er mit Johnson die Jugendbuch-Verfilmung "Lizard Music" drehen, weil darin "der Hot-Dog-Verkäufer genauso magisch ist wie Hogwarts". ### Tether werde für illegale Aktivitäten genutzt Safdie habe mit Johnson vereinbart, "die Seele eines anderen Menschen" zu verkörpern; Johnson habe verstehen wollen, "was Mark fühlt", und sei deshalb bereit gewesen, sich 30 Pfund Muskeln anzutrainieren und echte Schläge einzustecken. "Wenn wir ihn nicht dabei sehen, werden die Leute es nicht glauben", habe er dem Star gesagt. ### Kämpfe als choreografierter Realismus Die Ringsequenzen seien in vier bis fünf abschnittsweise gedreht worden, wobei jede Sequenz von zwei festen Kamerapositionen aus ohne Unterbrechung gefilmt worden sei; so entstehe eine "hyperreale" Intensität, weil die Zuschauer:innen die Treffer akustisch und visuall aus zwei Perspektiven wahrnehmen und Lücken selbst füllen. ### Beziehungsszenen wie MMA-Fights Die Ehestreits seien mit demselben Abschnittsprinzip inszeniert worden: Erst wenn Szene eins perfekt gewirkt habe, sei man zum nächsten emotionalen "Abschnitt" übergegangen; so würden die Dialoge "Low Blows, Jabs, Punches" entfalten und das Gefühl vermitteln, dass beide Partner:innen gleichzeitig Angreifer und Geschädigte seien. ### Anti-Biopik-Strategie Obwohl die Geschichte klassische Elemente eines Sportler-Biopiks enthalte – Aufstieg, Sucht, Comeback – habe er diese "be-wusst untergraben", indem er Sieg und Niederlage neu setze: Der größte "Verlust" finde außerhalb des Rings statt, das erhoffte "Adrian-Moment" bleibe aus und das Happy End bestehe darin, dass die Protagonisten "am Leben und in einem guten Platz" seien. ### Radikale Empathie statt Heldenreise Safdie wollte, dass das Publikum trotz dramatischer Ereignisse – "Er verliert den wichtigsten Moment seiner Karriere, seine Freundin liegt nach einem Suizidversuch im Krankenhaus" – mit Hoffnung und "gefülltem Herzen" aus dem Kino gehe; dies gelinge, weil man die innere Transformation spüre: "Wenn du den Film siehst und denkst: ‚Mir geht’s gut‘, was sagt das über dein eigenes Leben?" ## Einordnung Das Interview wirkt wie ein Meisterkurs in kreativem Selbstverständnis: Safdie inszeniert sich als Regisseur, der für maximale Authentizität bereit ist, seine Stars leiden zu lassen und klassische Erzählmuster zu zerlegen. Die Journalist:innen-Fragen bleiben über weite Strecken unkritisch, bestätigen seine These von der "radikalen Empathie" und wiederholen Details zur Physik-Jargon („30 Pfund Muskeln“, „kein Schnitt“). Statt nachzuhaken, ob diese Methode nicht auch Grenzüberschreitung sein könnte, wird die Faszination über Johnsons Einsatz zur Hauptstory. Die Diskussion über Drogen- und Suizid-Themen verläuft fast gefühlvoll, bleibt aber in der ästhetischen Ebene hängen; psychologische oder gesellschaftliche Kontexte bleiben außen vor. So entsteht ein Portrait, das vor allem die Innovationskraft Safdies feiert – und dabei die Frage offen lässt, warum das Kino weiterhin auf physische Überforderung setzt, um „wahre Gefühle“ zu erzeugen. Für Filminteressierte lohnt der Hörgenuss trotzdem, weil er ungewohnte Einblicke in Handwerk und Denkweise eines der gegenwärtig experimentierfreudigsten US-Regisseure bietet.