Das klima update° bespricht drei aktuelle Klimathemen: Die Genehmigung für Erdgasbohrungen vor Borkum durch das niederländische Unternehmen One-Dyas, das umstrittene EU-Mercosur-Handelsabkommen und eine Klimaklage indonesischer Inselbewohner:innen gegen den Zementkonzern Holcim. Die Journalistinnen Verena Kern und Susanne Schwarz analysieren die Hintergründe und politischen Konflikte. Besonders kritisch wird die deutsche Gasförderungspolitik unter Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) betrachtet, die trotz Klimazielen auf fossile Energiequellen setzt. Beim Mercosur-Abkommen wird aufgezeigt, wie Umwelt- und Klimaschutzklauseln durch einen Ausgleichsmechanismus untergraben werden könnten. Die Holcim-Klage wird als möglicher Wegweiser für zukünftige Klimaklagen gegen Großemittenten diskutiert. ### 1. Bundesregierung setzt trotz Klimazielen auf fossile Gasförderung Die neue Bundesregierung unter Wirtschaftsministerin Katharina Reiche habe dem niederländischen Unternehmen One-Dyas die Gasförderung vor Borkum ermöglicht, nachdem Robert Habeck zuvor eine abwartende Haltung eingenommen habe. Wie Susanne Schwarz feststellt: "Die neue Bundesregierung und Wirtschaftsministerin Katharina Reiche von der CDU, die sind da nicht so zögerlich, das Abkommen gab es Anfang Juli und jetzt ist eben auch noch das Jahr vom Land Niedersachsen da und One-Dyas darf loslegen." ### 2. Klimaschutz werde bei der Genehmigung ignoriert Das niedersächsische Landesamt habe die Genehmigung mit dem überwiegenden öffentlichen Interesse an einer sicheren Energieversorgung begründet, ohne den Klimaschutz zu erwähnen. Verena Kern kommentiert sarkastisch: "Und wie das mit dem öffentlichen Interesse am Klimaschutz aussieht, erwähnte die Behörde nicht, nebenbei gesagt." ### 3. Mercosur-Abkommen enthalte Schwächen für Umwelt- und Klimaschutz Ein eingebauter Ausgleichsmechanismus ermögliche es Mercosur-Staaten, Kompensationen einzuklagen, wenn EU-Umweltgesetze ihre Exporteure treffen würden. Studien zufolge könnten "diverse Maßnahmen des europäischen Green Deal unterminiert werden" und es drohten "Sanktionen nicht gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden, sondern im Gegenteil gegen Nachhaltigkeitsregeln." ### 4. Klimaklage gegen Holcim als möglicher Präzedenzfall Vier indonesische Inselbewohner:innen klagen den Schweizer Zementkonzern auf Schadenersatz und Emissionsreduktion. Holcim werde für 0,42% der industriellen CO2-Emissionen verantwortlich gemacht - "das wäre doppelt so viel wie die gesamte Schweiz." Die Klage basiere auf dem Schweizer Zivilgesetzbuch, das bei Persönlichkeitsverletzungen durch Emissionen Schadenersatz vorsehe. ## Einordnung Der Podcast zeigt journalistische Professionalität durch sorgfältig recherchierte Hintergrundinformationen und kritische Distanz zur politischen Ebene. Die Moderatorinnen durchbrechen dabei souverän die oft technokratische Klimadebatte, indem sie konkrete Machtverhältnisse und Interessenkonflekte sichtbar machen. Besonders gelungen ist die Analyse der diskursiven Verschiebung von "Klimaschutz" zu "Versorgungssicherheit" sowie die Entlarvung von greenwashing-Strategien im Mercosur-Abkommen. Der Fokus auf zivilgesellschaftliche Widerstandsformen - von Protestcamps bis Klimaklagen - zeigt, wie Demokratie jenseits von Wahlen funktioniert. Kritisch anzumerken ist, dass die Perspektive der Betroffenen vor Ort (etwa auf Borkum oder in Indonesien) nur indirekt durch Zitate von Aktivist:innen Eingang findet - eine eigene Berichterstattung vor Ort könnte dem Format zusätzliche Tiefe verleihen. Insgesamt liefert das klima update° eine wichtige Gegenöffentlichkeit zur dominierenden wirtschaftsliberalen Erzählung in der Klimapolitik.