Carl-Auer Sounds of Science: #231 Simone Wurth – Systemisch heißt ...

Ein warmes Verlagsgespräch über das „Einfach-Arbeitsbuch“, das systemisches Denken für alle zugänglich machen will.

Carl-Auer Sounds of Science
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Im Podcast "Systemisch heißt …" spricht Matthias Karmann mit der Pädagogin und Systemischen Beraterin Simone Wurth über ihr Einfach-Arbeitsbuch, das systemisches Denken in Kürze, Bildern und Übungen vermitteln will. Wurth berichtet, dass sie das Projekt aus dem eigenen Bedürfnis heraus begonnen habe, nach ihrer Ausbildung bei Gunter Schmidt und Mechthild Reinhardt das Gelernte kolleg:innen- und alltagstauglich weiterzugeben. Das Buch verzichte auf lange Erklärungen und setze stattdessen auf knappe, bewusst gewählte Formulierungen („Systemisch heißt, Wechselwirkungen anzuerkennen“) und 20 farbige Illustrationen von Grafik-Fachschüler:innen. Die Rückmeldungen reichten von begeisterten Lehrer:innen in Supervision bis zum eigenen Vater, der ohne Fachhintergrund den Zugang fand. Wurth plädiert dafür, systemisches Denken nicht auf Wochenend-Workshops zu reduzieren, sondern als Haltung in langen, selbstreflexiven Ausbildungen zu verankern – idealerweise schon in Schulen als Teil von Demokratiebildung. ### 1 Systemisches Denken sei vor allem eine Haltung, keine Technik Wurth betont, dass viele Fortbildungen sich auf Methoden konzentrierten, ohne die notwendige Selbsterfahrung zu ermöglichen: „Methoden wirken einfach nur durch uns.“ ### 2 Das Buch wolle Vertrauen schaffen statt überfordern Die knappen Sätze seien das Ergebnis „regelrechten Ringens“ um jedes Wort. Beispiel: „Systemisch heißt, vertraute und gewohnte Denkweisen zu verlassen.“ ### 3 Die größte Hürde sei der Perspektivwechsel Teilnehmende würden oft erst durch interaktive Übungen erleben, dass sie „nicht nur auf den anderen schauen, sondern auch die eigene Rolle“ reflektieren müssen. ### 4 Systemik gehöre laut Wurth in alle Schulbücher Als langfristige Vision äußert sie: „Systemisches Denken ist relevant für die Gesellschaft … es sollte in Schulen Unterricht werden.“ ### 5 Selbst Menschen ohne Fachhintergrund könnten mit dem Buch arbeiten Ihr Vater habe nach dem Lesen telefoniert und gesagt: „Oh, das ist sehr einfach, das habe ja auch ich verstanden.“ ### 6 Kreativität sei Teil der Methode Die freien Seiten und Post-its laden dazu ein, ins Buch hineinzuzeichnen – ein Akt, der viele zunächst abschreckt, dann aber für tieferes Verstehen sorge. ## Einordnung Der Podcast folgt dem üblichen Format von "Sounds of Science": ein freundliches, fast schon herzliches Gespräch ohne kritische Nachfragen. Matthias Karmann übernimmt die Rolle des begeisterten Gesprächspartners, nicht die des kritischen Interviewers. Das mag dem Verlagshaus-Setting geschuldet sein, verhindert aber, dass kontroverse oder unklare Punkte hinterfragt werden – etwa, warum systemisches Denken tatsächlich „Demokratiebildung“ sei oder wie sich die Methode von anderen Selbsthilfe-Büchern unterscheidet. Die Sendung bleibt damit ein gelungenes Marketing-Gespräch für ein Buch, das selbst als „Einfach-Arbeitsbuch“ bewusst auf wissenschaftliche Tiefe verzichtet. Wer Hintergründe zur Systemischen Therapie sucht oder kritische Auseinandersetzung erwartet, wird hier nicht fündig. Für alle, die einen ersten, lockeren Einstieg in systemisches Denken suchen und sich von sympathischen Anekdoten inspirieren lassen wollen, lohnt sich der Hörgenuss dennoch.