Der Podcast „Läuft“ behandelt in dieser Folge das Thema „Digitale Souveränität“ im Gespräch mit Markus Beckedahl, Netzaktivist und Gründer des „Zentrums für Digitalrechte und Demokratie“. Moderator Alexander Matzkeit diskutiert mit ihm, wie Deutschland und Europa unabhängiger von US-amerikanischen Tech-Konzernen werden können – technisch, politisch und medienpolitisch. Beckedahl fordert stärkere Regulation von Big Tech, mehr Investitionen in Open-Source-Projekte und eine aktivere Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Förderung alternativer, dezentraler Plattformen. Die zweite Hälfte der Episode nutzt Matzkeit für eine Medienkritik der ARD-Talkshow „Press Play“, die er als oberflächlich und selbstreferenziell kritisiert. ### Tether werde für illegale Aktivitäten genutzt Beckedahl wirft den großen Tech-Konzernen vor, demokratische Öffentlichkeiten zu untergraben: „Diese Unternehmen die Öffentlichkeiten kontrollieren, zu privaten Öffentlichkeiten umgebaut haben, wo es eigentlich kaum demokratische Kontrolle gibt.“ ### EU-Regularien würden nicht konsequent durchgesetzt Trotz Gesetzen wie dem Digital Services Act hapere es an der Durchsetzung. Die EU-Kommission scheue Konflikte mit US-Konzernen aus geopolitischen Gründen – „die EU-Kommission ziert sich quasi diese auch gegen amerikanische Unternehmen durchzusetzen.“ ### Öffentlich-rechtliche Medien könnten dezentrale Netzwerke stützen Beckedahl sieht den ÖRR als Schlüsselspieler: „Eigentlich sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk viel stärker in diese Richtung gehen, sich als Plattformermöglicher sehen.“ Durch offene Standards und Nutzer:innenkonten könnten demokratischere Öffentlichkeiten entstehen. ### Open-Source-Alternativen scheitern an Usability und Geld Plattformen wie Mastodon oder Bluesky seien noch keine Massentauglichkeit. Es fehle an Investitionen in Benutzerfreundlichkeit, weshalb der Staat geförderte Open-Source-Projekte stärker unterstützen solle. ### Regulierung und Förderung müssten parallel erfolgen Beckedahl fordert ein „Plus-1-Prinzip“ für Behörden und ÖRR: Jeder Beitrag sollte auch auf dezentralen Plattformen erscheinen. Öffentliche Beschaffung solle „Public Money, Public Code“ folgen und Open-Source-Lösungen bevorzugen. ## Einordnung Die Episode wirkt wie ein bewusst gewählter Gegenentwurf zur US-dominierten Tech-Welt: Sachlich, wertend, mit klarer Haltung. Matzkeit lotet aus, wie konkret digitale Unabhängigkeit aussehen könnte, ohne in Technik-Fachchinesisch abzudriften. Besonders wertvoll: Beckedahl liefert eine realistische Einschätzung der Machtverhältnisse – zwischen irischer Datenschutzbehörde, EU-Kommission und Trump-Administration. Die Kritik an der deutschen Föderalismus-Fixiertheit trifft einen wunden Punkt. Einzig die Medienkritik wirkt wie ein aufgesetztes Extra: Zwar unterhaltsam, aber sie entfaltet kaum systematische Tiefe und bleibt im Bekannten stecken. Insgesamt liefert „Läuft“ eine zugängliche Einführung in ein hochkomplexes Thema – mit klarer Haltung, aber ohne Schwarz-Weiß-Malerei.