Carne Cruda Podcast: Isabel Rodríguez: para qué sirve un Ministerio de Vivienda (CARNE CRUDA #1559)
Carne Cruda zeigt, warum trotz neuer Gesetze die Mieten in Spanien explodieren und wer davon profitiert.
Carne Cruda Podcast
3792 min audioCarne Cruda ist ein unabhängiges spanisches Radiomagazin, das sich in dieser Folge mit der Wohnungskrise in Spanien auseinandersetzt. Die Sendung beginnt mit praktischen Recherchen: Die Macher versuchen, eine Wohnung zu mieten, und stoßen auf dubiose 11-Monats-Verträge, um geltendes Recht zu umgehen. Es folgt ein längeres Interview mit Spaniens Wohnungsministerin Isabel Rodríguez. Die Redaktion konfrontiert sie mit Zahlen: Die Kaufpreise stiegen seit 2015 um 70 %, die Mieten sogar um 100 %. Große Investoren und Fonds würden den Markt dominieren. Rodríguez verteidigt die 2023 verabschiedete Wohnungsgesetzgebung; sie kündigt Konjunkturprogramme, mehr öffentlichen Wohnungsbau und Steuererhöhungen für Leerstand und Ferienvermietung an. Zwischen den Blöcken kommen Mieter:innen zu Wort, etwa Natalia, eine argentinische Mutter, die mit ihrer Tochter trotz legaler Aufenthaltsgrundlage keine dauerhafte Wohnung findet. Die Sendung wirft der Politik vor, trotz erklärter Priorität „Wohnen“ zu langsam zu handeln, Kompetenzstreitigkeiten auszunutzen und Sozialwohnungen zu privatisieren. Die Moderation bleibt druckvoll, serviert aber auch satirische Sequenzen und Hörspiel-Parodien über die Zuteilung des „heikeln“ Ministeriums.
### 1. Vermittlung von Wohnungen wird zum Geschäft mit Zusatzgebühren
Ein Makler verlangt für ein 16-m²-Studio 750 € Miete plus 1.200 € „Kundendienst“ und 24 € „Wartungsgebühr“. Die Sprecherin versichert: „Das ist freiwillig.“ Der Staat greift kaum ein.
### 2. Die Wohnungsnot trifft nicht nur „Geringverdiener:innen“
Lehrer:innen, Pflegekräfte oder Selbstständige wie Natalia geben mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Zwangs-Wohngemeinschaften oder beengte Einzelzimmer aus. Die durchschnittliche Auszugsalter liegt bei über 30 Jahren.
### 3. Große Investoren kaufen massiv auf
Mehr als die Hälfte der 2024 verkauften Wohnungen wurde laut Sendung ohne Hypothek und damit von Fonds oder Vermögenden erworben. Die Ministerin kündigt eine 100-Prozent-Steuer für Nicht-EU-Ausländer:innen an, doch liegt der Gesetzesvorschlag noch im Parlament.
### 4. Bundesländer blockieren oder umgehen die Wohnraumregulierung
In Madrid, Kastilien oder Valencia werden Mietpreisbegrenzungen nicht angewendet; stattdessen dominieren befristete 11-Monats-Verträge und Zweck-WGs. Rodríguez droht mit Kürzung von Bundesmitteln, doch ein entsprechendes Dekret ist noch nicht in Kraft.
### 5. Zwischen Bundes- und Regionalpolitik wird verzögert
Die Ministerin verwaltet bereits 40.000 frühere Sareb-Wohnungen, doch braucht sie für jedes Projekt regionale Baugenehmigungen. Sie fordert ein einheitliches Preis- und Belegungsrecht – ohne bundesweite Mehrheit.
## Einordnung
Die Sendung kombiniert investigativen Journalismus mit deutlich linker Agenda: Betroffene bekommen viel Raum, Politik und Spekulant:innen stehen im Fokus. Die Argumentation bleibt weitgehend schlüssig, belegt Zahlen mit Quellen und verzichtet auf verschwörerische Klicks. Kritisch bleibt, dass die Moderation gelegentlich Polemik und persönliche Angriffe nutzt (etwa das Gerede von „den Rechten“ oder „Fonds-Banditen“). Die satirischen Einlagen lockern auf, wirken aber in ihrer Länge teillings aufgeblasen. Für Hörer:innen, die eine klare Haltung gegenüber Wohnungsmarkt-Liberalisierung und für sozialen Wohnraum suchen, ist die Folge trotzdem eine Fundgrube. Wer neutrale Berichterstattung erwartet, sollte sich der klaren Position bewusst sein.
Hörwarnung: Lange Gesprächspassagen und Ironie-Elemente; mitunter wirkt die Kritik fast so sehr auf Selbstinszenierung wie auf Aufklärung ausgelegt.